Die Kommissare – Kriminalpolizei an Rhein und Ruhr 1920-1950 Wanderausstellung im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Duisburg

Am 25. Oktober 2022 eröffnete der Präsident des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, Dr. Frank Bischoff, im Beisein von etwa vierzig Interessierten die Wanderausstellung „Die Kommissare. Kriminalpolizei an Rhein und Ruhr 1920–1950“, die sich mit der Rolle der Kriminalpolizei im Nationalsozialismus, namentlich mit deren Beteiligung am Verbrechen des Völkermords an Sinti und Roma, befasst.

Nach der Begrüßung der Anwesenden durch Dr. Frank Bischoff und dem Dank an alle Kooperationspartner strich die Staatssekretärin im Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen Dr. Daniela Lesmeister die Verantwortung der heutigen Polizei und Gesellschaft vor dem Hintergrund der Rolle der Kriminalpolizei im NS-Staat hervor. Sie betonte zugleich, dass die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen, also die Polizei der Gegenwart, nicht mehr mit der Polizei unter dem und im NS-Staat gleichzusetzen sei. Nicht nur organisatorisch, technisch und thematisch habe sich vieles gewandelt, sondern vor allem auch die Wachsamkeit der Polizei gegenüber der Bedrohung des demokratischen Rechtsstaats durch Extremismus jeglicher Arthabe sich erhöht, die eine Wiederholung ähnlicher Verbrechen unmöglich machen solle.

Der Beigeordnete für Umwelt und Klimaschutz, Gesundheit, Verbraucherschutz und Kultur der Stadt Duisburg Matthias Börger betonte die eigene emotionale Ergriffenheit angesichts der schier unglaublich erscheinenden und zunächst einmal nicht nachvollziehbaren Tatsachen, die sich aus den ausgewerteten und präsentierten Quellen rekonstruieren ließen: Etwa, dass ein Polizeibeamter persönlich zwei kleine Kinder der Sinti-Minderheit zum Bahnhof gebracht und in den Zug in das Vernichtungslager Auschwitz gesetzt habe, kurz nach Kriegsende jedoch schon vorgegeben habe, sich an nichts mehr erinnern zu können. Der Versuch, die Motive der Täter zu rekonstruieren, das Geschehene somit ansatzweise „verstehen“ und einordnen zu können, leiste im besten Falle einen Beitrag zur Verhinderung ähnlicher Exzesse in Gegenwart und Zukunft.

Der Poetry Slammer Abdul Kader Chahin aus Duisburg setzte den ermordeten Sinti-Kindern Egon und Robert Lehmann ein verbalisiertes Denk-Mal, indem er ihr Schicksal mit der eigenen Kindheit im selben Lebensalter kontrastierte – während er, Chahin, im vergleichbaren Alter mit einem Ball nach der Sonne geworfen und Süßigkeiten konsumiert habe, sei dies für Egon und Robert nicht der Fall gewesen; ihnen habe keine Sonne mehr geschienen. Abschließend kam mit Mario Reinhardt ein Familienangehöriger der beiden ermordeten Kinder zu Wort.[1] Er betonte die Verantwortung und das Selbst-Bewusstsein, welches die heutigen Sinti in Duisburg auszeichne. So habe man beispielsweise den Duisburger Sinti Verein i.G. gegründet, der einer auch heute noch existierenden Ausgrenzung und Diskriminierung entgegenwirken solle.[2]

Bei der Ausstellung selbst sowie der angeschlossenen Veranstaltungsreihe kooperiert das Landesarchiv eng mit dem Duisburger Zentrum für Erinnerungskultur – Menschenrechte und Demokratie.

Blick in die Wanderausstellung “Die Kommissare” im Landesarchiv NRW, Duisburg. Foto: Martin Schlemmer

Die unter der Schirmherrschaft des Ministers des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen Herbert Reul stehende Wanderausstellung, die ursprünglich die Geschichte der Düsseldorfer Kriminalpolizei fokussiert, wurde von der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf unter der Leitung von Dr. Bastian Fleermann in Kooperation mit dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, der Landeszentrale für politische Bildung NRW und dem Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf e. V. konzipiert und erstellt.[3] Anlässlich der Präsentation in Duisburg wurde die Ausstellung um einen lokalspezifischen Teil ergänzt. Dieser greift auf Unterlagen aus den Beständen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen (Abteilung Rheinland, Standort Duisburg) sowie auf Unterlagen des Stadtarchivs Duisburg zurück, um anhand exemplarischer biografischer Beispiele die Verstrickung der Kriminalpolizei in die Verbrechen des NS-Staates aufzuzeigen. Im Vordergrund steht hierbei die Verfolgung der Duisburger Sinti. Die begleitende Veranstaltungsreihe weitet die Perspektive thematisch und zeitlich – bis in die 1980er Jahre hinein.

Die Ausstellung kann kostenfrei zu den normalen Öffnungszeiten des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, Standort Duisburg, besucht werden.[4]

Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie im Flyer.

 


[1] Vgl. auch „Mario Reinhardt spricht über die NS-Verfolgung seiner Duisburger Sinti-Familie“, https://www.stadtmuseum-duisburg.de/mario-reinhardt-spricht-ueber-die-ns-verfolgung-seiner-duisburger-sinti-familie/ (Abruf vom 25.20.2022).

[2] Vgl. hierzu etwa Art. „Situation der Sinti in Duisburg“,  https://www.kulturbeutel-duisburg.de/events/2021-11-07-situation-der-sinti-in-duisburg (Abruf vom 25.10.2022).

[3] Vgl. beispielsweise Art. „Sonderausstellung ,Die Kommissare‘ geht auf NRW-Tour“, 20.12.2021, https://www.duesseldorf.de/kunst-und-kultur/aktuelles/detail/newsdetail/sonderausstellung-die-kommissare-geht-auf-nrw-tour.html (Abruf vom 25.10.2022).

[4] Vgl. auch den Veranstaltungshinweis unter https://www.archive.nrw.de/landesarchiv-nrw/landesarchiv-nrw-abteilung-rheinland/die-kommissare-kriminalpolizei-rhein-und-ruhr (Abruf vom 25.10.2022).

 

Zitierweise:
Schlemmer, Martin: Wanderausstellung „Die Kommissare“ im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Duisburg ,in: Histrhen. Rheinische Geschichte wissenschaftlich bloggen, 02.11.2022, http://histrhen.landesgeschichte.eu/2022/11/wanderausstellung-die-kommissare-landesarchiv-nordrhein-westfalen

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Dr. Martin Schlemmer

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