Der Aufstieg der Kölner NSDAP lässt sich an den von der Partei genutzten Gebäuden ablesen.[1] Nachdem die Parteiführung anfangs in einigen Kellerräumen am Ubierring gearbeitet hatte, zog sie in immer größere und schönere Gebäude um. Nach der Etablierung der Reichsgaue als tragende Struktur der regionalen Machtsicherung der NSDAP (1931) und der folgenden Übernahme der vollständigen politischen Macht im Reich stieg der Anspruch der Gauleitungen auf möglichst große Repräsentativität weiter. Im Gau Köln-Aachen führte dies zunächst zum Erwerb von ‚Haus Köln‘ in der Kölner Mozartstraße, nunmehr ‚Braunes Haus‘ genannt. Aber obwohl dieses Gebäude mit seiner ausgeprägten und geradezu bombastischen Gründerzeitfassade eigentlich sehr gut zur Partei passte, sah sich der Gauleiter, seit Oktober 1931 Josef Grohé, nach der ‚Machtergreifung‘ doch bemüßigt, angesichts des greifbaren allumfassenden Machtmonopols ein hierzu passendes neues Domizil für dessen Verwaltung zu finden. Man hat die Gauleiter oft und gern, unter Anspielung auf altorientalische Herrschaftsstrukturen, als ‚Satrapen‘ bezeichnet,[2] da jene wie diese als alleinige regionale Herrscher direkt dem obersten Alleinherrscher unterstellt waren und von diesem eine fast unbegrenzte Machtfülle für ihre Region erhielten. Als ‚Satrapien‘ wurden und werden besonders die peripheren Gaue bezeichnet, weil hier der Herrschaftswille der Gauleiter besonders ausgeprägt war.[3] Dies trifft auf den Gau Köln-Aachen definitiv zu.
Am 5. November 1934 nahm die Leitung des Gaues Köln-Aachen der NSDAP in dem für die Städtische Handelshochschule und spätere Universität zu Köln errichteten Gebäude in der Claudiusstraße im Kölner Süden ihre Tätigkeit auf. Das Interesse der Partei an dieser Umnutzung des sehr umfangreichen Gebäudekomplexes war seit der ‚Machtergreifung‘ in Köln (am 13. März 1933) erkennbar und stetig gewachsen. Das hatte neben der Größe mit der baulichen Gestalt des Gebäudes zu tun. Es war zwar ‚nur‘ für eine akademische Institution bestimmt, die man ohne Zweifel als eine Fachhochschule im späteren Wortsinn bezeichnen kann, aber trotz dieser typologischen Zuordnung sollte die Handelshochschule wenigstens baulich signalisieren, dass sich Köln als Universitätsstadt verstand, obwohl sie diesen Status während der französischen Herrschaft verloren hatte und ihn auch unter preußischer Regierung nicht wiedererlangen konnte.
Die schlossähnliche äußere Gestalt und die prachtvolle Innenausstattung des Gebäudes[4] waren von großem Reiz für eine politische Führung, die sich gerade anschickte das Rheinland total zu beherrschen, und gerade die kompensatorische Funktion der Architektur dürfte die Parteiführung angesprochen haben. Auch die Lage des Gebäudes in Nähe zu dem für die Partei, aber auch für die Bevölkerung Kölns damals sehr wichtigen Kriegerdenkmal im früheren Hindenburgpark spielte sicher eine Rolle.[5]
Die Entscheidung zur Umnutzung des Gebäudes war erst Anfang Juni 1934 gefallen. Dies hing damit zusammen, dass der Neubau für die unter größtem Raummangel leidende Universität in Lindenthal aus finanziellen Gründen und wegen „ideologischer Vorbehalte“ der Partei gegenüber der Universität ins Stocken geraten war.[6] Dass plötzlich doch wieder staatliches Geld floss, veranlasste die ‚Kölnische Zeitung‘ zu der kryptischen Bemerkung, dass neben der Raumnot der Universität „der Wunsch, das leerstehende Gebäude andern dringlichen Zwecken zuführen zu können, als fördernde Anregung diente.“[7] Der wichtigste dringliche Zweck war für die Partei offenkundig die Nutzung eines Gebäudes mit Zügen von Herrschaftsarchitektur. Darüber hinaus jedoch dürfte es im Interesse Grohés gelegen haben, möglichst alle ihm unterstellten Parteidienststellen und Gauämter an einem Ort zusammenzuführen, um die Kontrolle im oft beklagten nationalsozialistischen „Ämterchaos“ zu behalten.[8] Damit bildete Köln eine Ausnahme, da in den meisten ‚Gauhauptstädten‘ die Ämter über das Stadtgebiet verteilt waren.[9] Die machtsichernde und den Eindruck von Geschlossenheit erzeugende Zusammenführung fast aller Ämter, Dienststellen und verantwortlichen Akteure auf Gau-Ebene in einem umfassenden Gebäudekomplex am Sitz des Gauleiters entsprach auch den persönlichen Interessen Grohés, dessen Ernennung in Parteikreisen nicht unumstritten gewesen war,[10] und der, im Unterschied zu den meisten anderen Gauleitern, kein hohes Staatsamt (Reichsstatthalter oder Oberpräsident) parallel zum Parteiamt zur Machtstärkung erhalten hatte.[11] Grohé hat sich die machtpolitische Zweckmäßigkeit dieser Ämterballung an einem Ort später von Goebbels anlässlich eines Besuchs im Kölner Gauhaus ausdrücklich bestätigen lassen.[12] Es gab also 1934 mehrere „dringliche Zwecke“ und viele gute Gründe auf der ‚Alten Universität‘ in der Claudiusstraße als neuem Gauhaus zu bestehen.
1. Das Design der Macht und seine Wandlungen im Kölner Gauhaus
Nach der Übernahme des Gebäudes durch die Partei kam es zunächst zu wenig Eingriffen in die Bausubstanz, aber zu einer massiven Umgestaltung des westlichen Eingangsbereichs und des Treppenhauses, „wobei man den Treppenaufgang in nahezu liturgischer Form zu einer Art Hitler-Altar umbaute.“[13] Diese Charakterisierung wird dem Umbau nur teilweise gerecht. Es ging hauptsächlich um den nationalsozialistischen Heroen- und Totenkult, indem der Brunnen im Zentrum des Treppenhauses zum Altartisch und die Brunnennische und ihre Umgebung zur Gedenk- und Weihestätte für gewaltsam ums Leben gekommene Nationalsozialisten („Blutzeugen der Bewegung“) umgestaltet wurde. An der Rückwand der Nische wurden schwarze Tafeln aus Diabas angebracht, auf denen sich in Gold eingelegt die Namen von fünfzehn umgekommenen Parteigenossen fanden.[14] Die vier Feuerschalen aus Bronze wurden beim ‚Gauappell‘ entzündet. Bei feierlichen Anlässen hielt ein Doppelposten der SS die Ehrenwache. Auf diese Weise bekam das Zentrum des Gebäudes einen pseudoreligiösen gruft-ähnlichen Charakter. Solcherart Neu- oder Umgestaltung von profanen Gebäuden und Einrichtungen war durchaus typisch für die ersten Jahre nach der ‚Machtergreifung‘.[15] Die Gauleitung, besonders der für die Planung und die Finanzierung zuständige Gauschatzmeister, waren vom Ergebnis der Umbaumaßnahmen restlos überzeugt. Die – gleichgeschaltete – Lokalpresse äußerte sich entsprechend begeistert.[16]
Das Besondere am Kölner Beispiel ist, dass der ursprüngliche Innenausbau durch den Architekten Ernst Friedrich Vetterlein mit seiner betonten Feierlichkeit dieser Entwicklung geradezu Vorschub leistete. Zeitzeugen berichteten von dem durch diese Veränderungen ausgelösten Kontrast. Einerseits betraten sie ein pseudoreligiöses Zentrum, andererseits ein von zahlreichen Ämtern und Dienststellen bevölkertes Verwaltungsgebäude. Allerdings durften Normalsterbliche das Treppenhaus nicht betreten. Der Aufgang war versperrt, nur hohe Besucher durften ihn zur Totenehrung betreten – und natürlich der Gauleiter und seine Entourage. Andere Besucher mussten auf die Treppen in den Seitenflügeln ausweichen.[17]
Anfang des Jahres 1938 entschied sich Gauleiter Josef Grohé überraschenderweise für eine umfassende Umgestaltung der Räumlichkeiten.[18] Die politische Botschaft, die das Gauhaus durch die Gestaltung seiner Räumlichkeiten und seines Inventars vermitteln sollte, wurde radikal verändert, geradezu um 180 Grad gedreht. Mit dieser Aufgabe wurde der damals bekannte Kölner Architekt und Möbeldesigner Rolf Distel beauftragt.[19] Einerseits wurde die Gedenk- und Weihestätte im Zentralbereich und die damit verbundene Atmosphäre radikal beseitigt. Die Brunnennische verschwand unter einer massiven Steintreppe. Geplant war zwar eine Verlagerung der Weihestätte in den Eingangsbereich des Gebäudes an der Ostseite, wo sich ein Ehrenhof für die Gründer und Finanziers der Handelshochschule befand. Er sollte Kultstätte des Gaues Köln-Aachen werden. Doch dies ist nicht erfolgt.[20]
Hinzu kamen weitere bauliche Veränderungen und eine Neubeschaffung von Mobiliar. Das betraf hauptsächlich die Repräsentationsräume. Offensichtlich wollte die Gauleitung deutlich machen, dass sie nicht nur ein Verwaltungszentrum leitet, sondern dass sie mit der Innenraumgestaltung ihres Gauhauses auch klare und verbindliche Aussagen trifft, wie die ‚Volksgenossen‘ die alles beherrschende Partei am Ort zu verstehen haben. Die ovale Aula der Handelshochschule mit ihrer Ausstattung im Jugendstil wurde von Distel zu einem kreisrunden Empfangssaal umgebaut der Raum davor als Aufenthaltszone eingerichtet. Das klingt wenig spektakulär, doch der Architekt realisierte so eine Raumfolge, die en miniature derjenigen der Repräsentationsräume in der etwa zeitgleich von Alfred Speer geplanten ‚Neuen Reichskanzlei‘ in Berlin entsprach,[21] und diese wiederum war wohl nach sehr spekulativen Vorstellungen von frühgriechischer Herrscherarchitektur angeordnet worden. Der Empfangssaal erschien so als ein ‚Tholos‘, ein kreisrunder Kuppelraum, wie man ihn bei Herrschern der griechischen Frühzeit vermutete.[22] Der Herrschaftsanspruch des Gauleiters war damit klar architektonisch thematisiert. Umgestaltet wurde auch der Sitzungssaal des Gaugerichts, denn auch hier wurde die Machtfülle der Gauleitung greifbar. Schließlich war das Gaugericht besonders für die Rechtsprechung bei Verfehlungen von Parteimitgliedern gegenüber der Partei zuständig, auch diese sollten sich durchaus als Beherrschte sehen. Und natürlich musste auch das Büro des Gauleiters der veränderten politischen Botschaft angepasst werden.
Auch das neue Mobiliar, das nun ins Gauhaus Einzug hielt, war ein wichtiger Träger dieser neuen politisch-ideologischen Botschaft. Mit dessen Gestaltung und Anfertigung war ebenfalls Rolf Distel beauftragt, der in Köln nicht nur ein Architekturbüro, sondern auch ‚Werkstätten für angewandte Kunst‘ betrieb.[23] Dass man ihn auch als Ausstatter wählte, hatte vermutlich mit einem Stilwandel seiner Produkte zu Beginn der dreißiger Jahre, zeitgleich zu den politischen Veränderungen, zu tun. Sahen Kritiker Distel in den zwanziger Jahren als einen Vertreter „unbedingter Sachlichkeit“ und „ganz in der Moderne befangen“,[24] und in „enger Fühlung mit den Bedürfnissen des wohlhabenden rheinischen Bürgertums“ stehend,[25] so konstatierte Werner Höfer 1934 für Distels Einrichtungsstil: „Die Räume sind von einer edlen, selbstsicheren Repräsentation“, die Formen sorgten „für Würde und eine leise Feierlichkeit“, es herrsche „keine kalte Pracht, sondern nur ein klug und zweckmäßig gebändigter Komfort“.[26] Dies entsprach genau dem Image, das die Gauleitung nunmehr vermitteln wollte: Der Kampf der Partei mit ruppigen Straßen- und Saalschlachten war vorbei, der Sieg war errungen, jetzt wurde selbstsicher repräsentiert und regiert. So wurde räumlich-stilistisch im Gauhaus nachvollzogen, was man nach der ‚Machtergreifung‘ bereits am Redestil Grohés erkennen konnte: dass er seine Auftritte „zur Selbststilisierung als milden und gütigen Machthaber“[27] nutzte, und indem er versprach, „unsere Arme und die Tore unserer Bewegung weit [zu] öffnen, um alle zu umfangen […].“[28]
Wie stark der Kontrast zwischen der früheren und der neuen Möblierungsphase im Gauhaus war, lässt sich exemplarisch am Büro des Gauleiters erkennen: Ein Schreibtischensemble im wuchtigen Stil der Gründerzeit mit Jugendstil-Anklängen wurde ersetzt durch hell gebeizte, unkompliziert gehaltene Möbel, wobei die Ähnlichkeit zu dem im gleichen Jahr gestalteten ‚Arbeitszimmer des Führers‘ auf dem Obersalzberg frappierend wirkt.[29] Sogar der auf den Einfluss Speers zurückgehende zunehmende Stilmix, der sich in neueren Repräsentationsbauten der NSDAP fand, zeigte sich auch in Köln, z. B. in der Gestaltung von zierlichen Möbeln im Sheraton-Stil neben wuchtigen Kassetten-Wänden und –Türen.[30] Das lässt den Schluss zu, dass sowohl die Wahl des Architekten, der Albert Speer bewunderte,[31] wie auch die Bauausführung und die Einrichtung das Gauhaus und mit ihm die Gauleitung in eine eindeutig zu erkennende Nähe zu den stärksten Zentren der Macht bringen sollte. Auch die Ähnlichkeit zu Räumlichkeiten Hitlers zeigt, wie nah sich Grohé seinem ‚Führer‘ sehen wollte, den er in „hündischer Anhänglichkeit“ verehrte.[32]
Eine weitere künstlerische Ausgestaltung oblag Erwin Hetsch, der 1937 eine Professur an der ‚Kölner Werkschule‘ erhielt. Wohl nicht zufällig wurde damit ein Künstler beauftragt, der ursprünglich viel mit religiösen Themen und Motiven beschäftigt war.[33] Denn dies passt zu einer weiteren Beobachtung: Die Gauleitung hatte 1937 die Kölner Schmiedekunstwerkstatt Kotthoff mit mehreren Aufträgen betraut. Die Gebrüder Kotthoff fertigten Portaltüren mit NS-Emblemen und Hoheitszeichen für die Haupteingänge an der Claudiusstraße und am Agrippinaufer an und schufen die Laternen am Westeingang, ganz im herrschenden Stil der Parteigebäude. In der westlichen Eingangshalle jedoch wurde ein schmiedeeiserner Rundleuchter installiert der dort heute noch hängt. Dazu muss man sich gewärtigen, dass solche Leuchter seit der karolingischen Romanik und bis in die Neuzeit in zahlreichen Kirchen (in Köln in mindestens vier) hingen. Sie wurden auch ‚Jerusalem-Leuchter‘ genannt, weil sie mit ihrer geschlossenen Rundform das himmlische Jerusalem symbolisieren sollten, welches nach den Worten der Johannes-Apokalypse am Ende aller Tage vom Himmel herabschwebt und so das ewige Gottesreich beginnen lässt (Apk.21,5). Absolut unwahrscheinlich ist, dass die Gauleitung um diesen eschatologischen Symbolgehalt wusste und ihn auf das ‚Tausendjährige Reich‘ bezogen hat. Eher könnte dies den Künstlern bewusst und von ihnen auch gewollt gewesen sein.[34] In diesem Fall wäre der rückwärtsgewandte Kult um die toten Helden nach dem Abschluss der ‚Machtergreifung‘ durch ein die endgültige und siegreiche Zukunft beschwörendes Symbol ersetzt worden. Das hätte durchaus einem gewissen Sinneswandel in der Parteiführung und einer Neuausrichtung der Propaganda entsprochen. Auf jeden Fall wurde aber so in diesem Gebäudeteil die parareligiöse Atmosphäre des Gauhauses aufrechterhalten.[35] Die so entstehende atmosphärische Ambivalenz dürfte durchaus gewollt gewesen sein.
2. Das Gauhaus als Zentrum der Macht
Über das Geschehen im Kölner Gauhaus von 1934 bis 1944 ist in Köln immer viel erzählt und spekuliert, manchmal auch geraunt worden. Vieles davon lässt sich nicht bestätigen, vieles dürfte frei erfunden sein. Vor allem hält sich bis heute das Gerücht, in den Kellern des Gebäudes seien Gefängnis- und Folterzellen eingerichtet gewesen. Was sich dort jedoch nachweisen lässt, ist ein System stabiler, gut organisierter Luftschutzräume für das zahlreiche Personal. Unbelegt ist auch das Gerücht, im nördlichen Innenhof des Gebäudes sei es vor dem Abzug der Gauleitung zu einer tödlichen Schießerei gekommen.[36] Dabei war zumindest die Organisation der Gauleitungen äußerst genau geregelt und somit prinzipiell klar, was in deren Gebäuden anzusiedeln war und was dort zu geschehen hatte. Das gilt gerade für Köln, da der Vorgänger von Grohé als Gauleiter in Köln, Robert Ley, in seiner nachmaligen Funktion als Reichsorganisationsleiter der NSDAP die Aufgaben und die Einrichtungen von Gauleitungen selber verbindlich festgelegt hatte.[37] Tatsächlich sind die meisten der von Ley vorgeschriebenen Ämter und Dienststellen für das Gauhaus in der Claudiusstraße belegt, sei es von Zeitzeugen, sei es von Grohé selbst, der bei seiner Vernehmung vor dem Spruchgericht Bielefeld 1950 mit gutem Gedächtnis nicht nur die Einzelheiten der Organisation, sondern auch alle Verantwortlichen namentlich aufführen konnte.[38] Der Einzug der Gauleitung in das von der Universität freigemachte Gebäude erfolgte zu einem historisch betrachtet günstigen Zeitpunkt. Denn auf Gau-Ebene hatte überall in Deutschland seit 1930 in der NSDAP ein „Prozess der Bürokratisierung“ eingesetzt,[39] der zur „Ausdifferenzierung weiterer Funktionsämter“ führte,[40] deren Zahl in den Gauhauptstädten massiv erhöhte und zu Fragen der Unterbringung und des Zusammenwirkens führte. Dieser Prozess erreichte um 1934 und in den Jahren danach seinen Höhepunkt. Diese Entwicklung war in Köln also zeitlich kongruent zu der Veränderung der Unterbringungssituation. In der Claudiusstraße befand sich so das entscheidende Machtzentrum der Partei in Köln und im Gau Köln-Aachen.[41]
Im Kölner Gauhaus in der Claudiusstraße waren ca. 27 Ämter angesiedelt;[42] die Anzahl vergrößerte sich während des Krieges.[43] Damit war und blieb es das größte Machtzentrum in einem mit 2,6 Mio Einwohnern (auf einem nach Annexion auf über 1,1 Mio km² angewachsenem Territorium) bedeutenden Gau. Man kann die Ämter grob in drei Gruppen einteilen: Es gab Führungsämter, Verwaltungsämter und Ämter mit speziellen politischen Aufgaben. Zu den erstgenannten zählten neben der engeren Gauleitung das Gaupersonalamt, das Gauorganisationsamt, das Gaupropagandaamt und das Gauschulungsamt. Zu dieser Ämtergruppe gehörten zusätzlich die Gaugeschäftsführung, das Gauschatzamt und das Gauparteigericht. Zur zweiten Gruppe gehörten zahlreiche Ämter für die verschiedensten Bevölkerungs- und Berufsgruppen: Beamte, Ärzte, Lehrer, Bauern, Wirtschaftsleute, Juristen, Techniker, Kinder und Jugendliche, Frauen, Studenten und Dozenten, Kriegsopfer. Zur dritten Gruppe schließlich gehörten das Gauheimstättenamt, das den Bau ideologiekonformer Wohnungen plante, das Amt für Volkswohlfahrt, das für sämtliche sozialen Belange zuständig war, das immens wichtige Kommunalpolitische Amt, das für die Einflussnahme der Partei auf die – theoretisch unabhängigen – Gemeindeverwaltungen im Gaugebiet zu sorgen hatte und das Rassenpolitische Amt, das vor allem für die Verbreitung rassistischer ‚Aufklärung‘ zuständig war und „die Durchführung des nationalsozialistischen Programms von »Aufartung« und »Ausmerze« anleiten und überwachen“ sollte, unter Beteiligung des Amts für Volkstumsfragen und des Gausippenamts.[44] Zusätzlich gab es im Kölner Gauhaus noch Dienststellen des Bundes Deutscher Mädel (BDM) und der NS-Frauenschaft, etwas später auch der Hitler-Jugend (HJ).
Die günstige Raumsituation in der Claudiusstraße führte dazu, dass immer mehr anderweitige Einrichtungen der NSDAP oder parteinahe Organisationen sich im Hause ansiedelten. 1935 war wohl der Höhepunkt: In diesem Jahr kamen Geschäftsräume der Reichskammer für die bildenden Künste hinzu, die Landesstelle der Reichsschrifttumskammer, die Geschäftsstelle der Kriegsopferhilfe, bei der Darlehen ausgezahlt wurden, die Landesstelle der Reichsfachschaft Artistik, der Deutsche Siedlerbund, der NS-Lehrerbund und ebensolche, den entsprechenden Ämtern nachgeordnete Einrichtungen für Ärzte, Juristen, Beamte und Studenten. Später kamen noch der Sitz des Landeskulturwalters, die Landesleitung der Reichsrundfunkkammer und der Reichstheaterkammer, das Deutsche Frauenwerk Köln und der NS-Dozentenbund deutscher Technik hinzu.[45] Schließlich brachte der Kriegsverlauf Veränderungen mit sich: So wurde z. B. eine Meldestelle für Ersatzraumbeschaffung eingerichtet, die für Gewerbetreibende und freiberuflich Tätige immer wichtiger wurde und die für zahlreiche Branchen Sprechstunden anbot.[46] Erwähnung verdient schließlich das Gauarchiv, das im Frühjahr 1936 als betont „politisches Archiv“ eingerichtet wurde und das Dokumente sammeln sollte, die „mit dem politischen Kampf der Systemzeit“ zusammenhingen.[47] Aufgerufen waren alle Parteimitglieder der frühen Jahre, entsprechende Erinnerungsstücke in der Claudiusstraße abzugeben. Später sollte daraus ein Geschichtsbuch über die Kampfjahre der Partei zusammengestellt werden.[48]
Schon aus dieser Aufzählung wird deutlich, dass, was in der Claudiusstraße geschah und entschieden wurde, für fast alle Bereiche des Zusammenlebens und für praktisch alle Menschen im Gau Köln-Aachen entscheidende Auswirkungen hatte.
Zwar ist über den Arbeitsalltag in all diesen Ämtern und Dienststellen wenig bekannt,[49] weil vieles auch der Geheimhaltung unterlag, aber man kann auf den Charakter der Arbeit vom Tätigkeitsspektrum Grohés als Chef und seiner Amtsleiter her schließen. Man könnte meinen, dass ein Gauleiter, der ja als ‚Stellvertreter des Führers‘ und diesem direkt unterstellt in seinem Gau mit fast unbegrenzter Gewalt ausgestattet war, nicht in den Niederungen des Tagesgeschäfts auftauchte,. Aber heute wissen wir: Im Gauhaus wurde bis in die Spitze hinein hauptsächlich verwaltet. Grohés Tagesgeschäft war „sehr stark durch die Verwaltungstätigkeit der immer größer werdenden Gauleitung geprägt,“ sie blieb „insgesamt betrachtet blass und grau.“[50] Das hatte auch damit zu tun, dass die im Gauhaus entfalteten Tätigkeiten in zunehmendem Umfang die staatliche und kommunale Verwaltung nicht nur beeinflussten und kontrollierten, sondern überlagerten und steuerten, häufig auch ablösten. Immer mehr operative Entscheidungsgewalt lag bei den Gauamtsleitern. Sie bildeten zusammen mit der Leitung den ‚Gaustab‘, der die Arbeit der staatlichen und kommunalen Verwaltung im Gauhaus bis in Einzelheiten auf ideologischen Kurs brachte und damit erst ein Entscheidungshandeln ermöglichte – eine umfassende arbeitsaufwändige Parallelverwaltung auf die alle ‚Volksgenossen‘ im Gau angewiesen waren, denn nur die Gauämter hatten das Sagen. [51], Entsprechend intensiv dürfte auch der Kontakt der Bürgerschaft zum Gauhaus gewesen haben. Funktionsfähig war dieses aufwändige Konstrukt hauptsächlich deshalb, weil fast alle Kölner Gauamtsleiter gleichzeitig Beigeordnete der Stadt Köln waren und umgekehrt weitere Beigeordnete zu Mitarbeitern der Gauleitung gemacht wurden.[52] So konnte im Gauhaus entschieden werden, was im Rathaus zu geschehen hatte. Dabei ging die Einflussnahme weit über den im engeren Sinn politischen Bereich hinaus. Auch zahlreiche sonstige Führungsämter im Gau wurden nach dem Willen der Gauleitung besetzt. Besonders deutlich wurde dies 1935 an der brutalen Durchsetzung des von der Gauleitung gewünschten Rektors der Universität zu Köln Hans von Haberer, die von Boykott- und Schließungsdrohungen begleitet wurde.[53]
Der Eindruck eines Vorrangs des Administrativen darf natürlich nicht den Blick auf die agitatorischen Aktivitäten der Gauleitung und der Ämter verstellen. Gerade Grohé tat sich in Köln mit Hasstiraden gegen Juden und andere Bevölkerungsgruppen hervor, sodass 1935 sogar innerparteilich Besorgnis aufkam, solche Übertreibung könnte die Bevölkerung irritieren, was ihn persönlich jedoch nicht von seiner Stimmungsmache abhielt.[54] In späteren Jahren und bei immer schärferer Verfolgung jüdischer Bürger zeigten sich die Ämter im Gauhaus offen für das Registrieren von Gerüchten und für die Entgegennahme von Denunziationen und teilten ihre Informationen der Polizei mit.[55] Bemerkenswert ist auch, dass offenbar im Gaugericht Sitzungen eines der berüchtigten Kölner Sondergerichte stattfanden. So wurde der legendäre Kölner Karnevalist Karl Küpper am 22. August 1939 „durch das Sondergericht Köln, Claudiusstraße 1, nach § 2 des Heimtückegesetzes wegen […] angeblicher Verfehlungen verurteilt.“[56] Dass die Tätigkeiten und die Befugnisse von Sondergericht und Gauverwaltung nicht klar getrennt waren, kann man auch daran erkennen, dass die vom Sondergericht verhängte Strafe – lebenslanges Redeverbot – 1944 vom Gaupropagandaamt ohne Gerichtsbeschluss aufgehoben wurde. Beweise für eine Mitwirkung an Deportationen sind bislang nicht aufgetaucht, aber man kann davon ausgehen, dass die Gauleitung und in gewissem Umfang auch die Belegschaft im Gauhaus über die Aktivitäten von Gestapo und SS informiert waren.[57]
Natürlich gab es ein starkes Interesse der Gauleitung und besonders des Gaupropagandaamtes an einer nicht nur auf das engere Kölner Umfeld, sondern möglichst auf das gesamte Gaugebiet bezogenen parteipolitischen Infiltration. Deshalb wurde in Köln ein neues Medium ersonnen, dessen flächendeckende Installation die Gauleitung massiv unterstützte und mitplante: die heute völlig in Vergessenheit geratene ‚Rundfunksäule‘, für deren Verbreitung in Köln 1935 die ‚Rundfunksäulengesellschaft‘ gegründet wurde.[58] Es handelte sich um an ein Telefonhäuschen oder eine Litfaßsäule erinnernde Anlagen, die mit Lautsprechern und mit Leitungen zu Rathäusern, zum Reichssender Köln und zu örtlichen Parteieinrichtungen oder dem Gauhaus versehen waren, sodass die Übertragung von Reden oder Rundfunksendungen über gesamte Ortsgebiete möglich war. Nach kurzer Zeit waren solche Beschallungsanlagen in zahlreichen Ortschaften im Gaugebiet installiert und ermöglichten u. a. der Gauleitung Propaganda und Hetze zu verbreiten.
Der Bevölkerung im Gau gegenüber zeigte das Gauhaus ein durchaus ambivalentes Gesicht. So gut wie alle Aktivitäten und Veränderungen, die das Leben Einzelner oder von Gruppen betrafen, bedurften einer Meldung, Beantragung, Beurteilung, Bewilligung, Zuteilung und/oder Erlaubnis, die oft den schriftlichen oder persönlichen Weg ins Gauhaus erforderten. Fast wöchentlich wiesen die lokalen und die regionalen Medien auf irgendwelche Meldepflichten oder Antragserfordernisse gegenüber der Gauleitung hin. Dieser puren Kontrollfunktion entgegengesetzt waren – zumindest scheinbar – zahlreiche Angebote und Einladungen zu Aktivitäten. So gab es im Gauhaus eine Film- und Bildstelle, die immer wieder zur Einsendung von Fotografien aufforderte, und Räume für eine ‚Spielschar‘, die wegen der Grenzlage des Gaues eine wichtige Funktion hatte. Sie wurde im Frühjahr 1939 als „Grenz- und Auslandsspielschar“ neu organisiert, da „in Zukunft ein verstärkter Einsatz von Spielscharen in den Grenzstädten und –dörfern des Gebietes geplant ist“ und man dann „fremdvölkische Jugendverbände“ mit Sing- und Orchestergruppen sowie Laienspiel- und Tanzgruppen für deutsches ‚Volksgut‘ begeistern wollte.[59] Offenbar gehörte diese Planung bereits zu den Maßnahmen, welche die deutsche Invasion im Westen begleiten sollten. Eine Redner-Arbeitsgemeinschaft bot im Gauhaus Rhetorikkurse an, später auch „Einführungskurse für freie Rede und schöpferische Denktätigkeit“ genannt, die sich allerdings bei näherem Hinsehen eher als Agitationsübungen erwiesen.[60] Das Deutsche Frauenwerk unterhielt im Gauhaus eine Beratungsstelle für Hausfrauen, die sich dort z. B. Tipps für den Obst- und Gemüseeinkauf in Kriegszeiten geben lassen konnten.[61] Auf dem Platz vor dem Haupteingang fanden Fest- und Werbewochen der HJ und des BDM statt, mitunter mit 2500 Teilnehmenden. Im Gebäude wiederum fand ab 1937 eine jährliche „Musterung“ statt, bei der durch eine Jury unter Vorsitz des Gauleiters zahlreiche Schüler aus dem Bereich des Gaues persönlich begutachtet und die geeignetsten für die Aufnahme in die neu gegründeten ‚Adolf-Hitler-Schulen‘ ausgesucht wurden.[62] Auswahljurys tagten auch für zahlreiche Wettbewerbe in den Bereichen Fotografie und Film, Text und Literatur, Musik, Sport und Geschicklichkeit – natürlich immer nach den Maßgaben der Parteidoktrin. Noch im Juni 1944 lobte die Gauleitung einen Pressewettbewerb zum Thema „Studenten im Kriege“ aus.[63] Schließlich fanden im Gauhaus auch Ehrungen statt, nicht nur für Parteiobere, sondern z. B. auch Verleihungen des ‚Mutterkreuzes‘ an Mütter von mindestens fünf Kindern. In welchem Umfang alle diese Angebote tatsächlich angenommen worden sind, ist schwer einzuschätzen.
Die zuständigen Gauämter hatten auch einen klar umrissenen kulturpolitischen Auftrag, der seine Realisierung insbesondere in den Gaukulturwochen fand, die die Gauverwaltung Köln-Aachen seit 1936 jährlich konzipierte und organisierte. Gerade am Programm dieser ersten Woche kann man das ideologische Konzept erkennen: Das Spektrum reichte von einer Festaufführung der Kantate ‚Wenn die Fahnen und Standarten‘, über eine Heldenfeier des NS-Studentenbundes unter dem Motto ‚Fallen müssen viele‘, einen Wagner-Abend, einen Auftritt des ‚Hitler-Orchesters‘, bis hin zur Gründung einer NS-Gaubühne.[64] 1938 standen die Bildende Kunst und die Literatur im Vordergrund. Eine Ausstellung ‚Die bildenden Künstler des Gaues Köln-Aachen‘ mit Werken einschlägiger NS-Künstler wurde präsentiert und ein ‚Tag des Schrifttums‘ abgehalten, an dem über Dichtung als „ein »Aufmarschraum« für neue Kräfte“ referiert wurde.[65]
Die Verwaltungstätigkeit im engeren Sinn vergrößerte und veränderte sich dramatisch infolge des Kriegsgeschehens, in dessen Verlauf Grohé im Februar 1942 zusätzlich Reichsverteidigungskommissar für das Gaugebiet wurde und somit die Gauleitung für die Aufrechterhaltung der zivilen Infrastruktur inklusive Sicherstellung einer Notversorgung, massenhafter Evakuierungen und für die Unterstützung des Militärs inklusive der Mitwirkung bei der Verteidigung, z. B. durch Aufstellung des ‚Volkssturms‘, mitverantwortlich wurde.[66] Zu den durchaus problematischen neuen Aufgaben gehörte die Vergabe des Besitzes ausgewanderter oder deportierter Juden an ausgebombte Deutsche, vor allem an Kölner, bei Bevorzugung von Parteimitgliedern.[67] Folgt man den Aussagen Grohés bei seiner Vernehmung in Bielefeld, dann waren seit Anfang 1944 anderweitige Verwaltungstätigkeiten fast nicht mehr möglich.[68] Aber schon vorher erzwang der Krieg Umorganisation und veränderte Zuständigkeiten. So wurde ein ‚Mobilmachungsplan für die Stadt Köln‘ erstellt und die Gauleitung berief 1942 einen ‚Mobilmachungs-Beauftragten‘, dessen Aufgabengebiet sich auf „die Bergung von Kulturgut, die Menschbetreuung nach Fliegerangriffen, auf den Schutz der Parteieinrichtungen, auf Sicherheitsmaßnahmen gegen Spionage und Sabotage erstreckte. […] Die einzelnen Abteilungen des ‚Mob-Beauftragten‘ waren seitdem mit den verschiedenen Gauämtern identisch.“[69] So hatte sich das Gauamt für Volkswohlfahrt um die Durchführung von Evakuierungen zu kümmern, während das Gauamt für Propaganda die Bevölkerung über den Ablauf der Evakuierungen aufzuklären hatte. Die NS-Frauenschaft wurde für obdachlos gewordene Kölner zuständig. Im Gauhaus war man bei fortschreitendem Kriegsverlauf fast nur noch mit Notstandsbewältigung beschäftigt. Das führte zwar „zu einem Legitimationsverlust der Herrschaft“.[70] Da die in der Notsituation geleistete Arbeit jedoch in den Augen einer Mehrheit der Bevölkerung Akzeptanz und mitunter auch Anerkennung fand, brachte dies der Gauleitung, namentlich auch Grohé, „viel Zustimmung ein.“[71] Die zusätzliche Ernennung Grohés zum Reichskommissar für die besetzten Gebiete von Belgien und Nordfrankreich im Juli 1944 dürfte hingegen für die Arbeit im Gauhaus wenig Auswirkung gehabt haben, da bereits wenige Wochen später die Besetzung dieser Gebiete durch die alliierten Truppen beendet wurde.
In der zweiten Hälfte des Jahres 1944 kam auf die Gauleitung und die durch Fliegerangriffe und Zerstörungen schon massiv geschwächte Gauverwaltung noch eine neue Aufgabe zu, auf die sie gänzlich unvorbereitet war: Sie wurde auf Befehl Hitlers verantwortlich für den Bau militärischer Stellungen im Westen des Gaugebiets, zwischen der Schelde und dem Stadtgebiet von Aachen.[72] Die Wehrmacht war hierzu wegen der hohen Verluste nicht mehr in der Lage. Von Köln aus sollte die Beschaffung von Arbeitern, Material, Transport und Versorgung sichergestellt werden. Da eine hinreichende Rekrutierung von Arbeitern nicht gelang, wurden Arbeiter aus anderen Gauen, vor allem aus Westfalen, hinzugezogen. Es gelang tatsächlich die Organisation von Schanzarbeiten zu beginnen, bis diese durch den alliierten Angriff auf die Gaugrenzen im September 1944 beendet wurden.[73] In diesen Monaten lassen sich trotz einer sehr schlechten Quellenlage auch Aktivitäten der Gauverwaltung erkennen, die aus heutiger Sicht zumindest ans Kriminelle grenzten. So wurden auf Anweisung aus dem ‚Reichssicherheitshauptamt‘ in Köln durch die Gauleitung Razzien gegen Ausländer organisiert, die den Zweck hatten eventuelle „Ansätze zu (vermeintlicher) Konspiration“ zu unterbinden.[74] Es ging um Einschüchterung; erwartet wurde auch die Bestrafung von Ertappten.
Widersprüchliches ist über die Atmosphäre bekannt, die im Gauhaus geherrscht haben soll. Sie wurde von vielen Zeitzeugen als bedrückend und mitunter auch als bedrohlich beschrieben, was nicht weiter überraschend ist, zumal angesichts des oft „äußerst rücksichtslos und arrogant“[75] auftretenden Gauleiters, dem ein Zeuge „Stallknechtsmanieren“ vorwarf.[76] Auch von anhaltenden Kompetenzstreitigkeiten zwischen den zahlreichen Ämtern wurde berichtet.[77] Andererseits regte sich ein betonter Nichtrheinländer, der ehemalige Gestapochef und danach Kölner Regierungspräsident Diels über das „sybaritische Treiben“[78] in der Kölner Gauleitung auf. Dazu passt eine Zeugenaussage im Bielefelder Spruchgerichtsverfahren, Grohé habe während des Krieges mit der Gauverwaltung „Feste und Trinkgelage gefeiert“ und das „Leben genossen“, was Grohé bestritt.[79] Es wird wohl Unterschiedliches im Gauhaus gegeben haben. Auch über die Arbeitssituation im Gauhaus gibt es eine Zeugenaussage aus dem Bielefelder Spruchgerichtsverfahren. Dieser ist zu entnehmen, dass viele der dort Angestellten keine Parteimitglieder gewesen seien, weil der Gauleiter keinen Wert auf Parteizugehörigkeit gelegt habe. Er habe sich „seinen Angestellten und Untergebenen gegenüber immer korrekt und anständig benommen.“[80] Über den Realitätsgehalt und die Verallgemeinerbarkeit dieser Aussage kann natürlich nichts gesagt werden. Sie klingt unwahrscheinlich. Die Berichte bleiben widersprüchlich.
Wie sich der Arbeitsalltag im Gauhaus konkret vollzog, ist nicht genau bekannt. Er dürfte sich vor allem im Kriegsverlauf immer wieder verändert haben. Aber man weiß, dass auch die Arbeitsabläufe und Geschäftsprozesse in den Gauämtern generell stark reglementiert waren, und so dürfte auch für die Kölner Gauämter gelten, dass der Bürobetrieb montags bis samstags von 8 bis 16 Uhr stattzufinden hatte und dass in diesem Zeitraum das Haus immer für Besucherverkehr offenzustehen hatte. Für um Hilfe bittende Besucher und eingehende Gesuche war der Gauinspekteur zuständig.[81] Außerhalb der Besuchszeiten gab es einen Bereitschaftsdienst, Telefonzentrale und Fernschreiber waren immer besetzt. Für alle Politischen Leiter bestand Uniformpflicht. Strikt und präzise war die Behandlung von Briefpost geregelt, für die der Gauamtsleiter Verantwortung trug. Das gleiche galt für die Ablage. All dies spricht dafür, dass sich in den Gauämtern „eine gewisse bürokratische Rationalität etablierte,“[82] die kriegsbedingt sicher teilweise wieder verlorenging.
Die Nutzung des Gebäudes in der Claudiusstraße durch die NSDAP wurde Ende Oktober 1944 nach schweren Beschädigungen beendet. Die Gauverwaltung zog erst nach Bensberg und Anfang März 1945 in den ‚Tacitusbunker‘ in Köln-Bayenthal um. Grohé selbst blieb im ‚Stadtwaldbunker‘ in Köln-Lindenthal bis zu seiner Flucht ins Rechtsrheinische. Er scheint in dieser Zeit nur noch als Gauleiter mit einigen wenigen ‚Getreuen‘ agiert und seine nicht mehr befolgten Befehle zur Zerstörung der Reste von Infrastruktur in Köln ausgegeben zu haben. Am 8. April 1945 entließ Grohé die restlichen Mitarbeiter der Gauleitung und – nachdem er sich abgesetzt hatte – verschwanden diese mit den Resten der Stadtverwaltung in Richtung Harz, „wohlversehen mit 100 Millionen Reichsmark aus der Stadtkasse, reichlich Fressalien und Schnaps, dazu noch Insulinvorräte, die eigentlich für todgeweihte Zuckerkranke bestimmt waren.“[83]
Das nicht mehr genutzte und teilweise zerstörte Gauhaus in der Claudiusstraße wurde von Jugendlichen geplündert, oder, besser gesagt, die zahlreichen Ausstattungsgegenstände verhalfen ihnen „zu einer zeitweiligen Einnahmequelle“,[84] da die einrückenden amerikanischen Soldaten ihnen sehr gerne Dinge mit nationalsozialistischen Emblemen gegen Essbares eintauschten. Sehr viel Schriftgut wurde vor dem Gebäude verbrannt, also ebendort, wo 1933 die berüchtigte ‚Bücherverbrennung‘ vor dem Hauptgebäude der Universität zu Köln stattgefunden hatte.
Epilog
Die Nazi-Zeit und damit die Nutzung des Gebäudes in der Claudiusstraße als Gauhaus haben heute fast keine sichtbaren Spuren hinterlassen. Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass das Haus in den siebziger und achtziger Jahren restauriert und in weiten Teilen auf seine ursprüngliche Gestalt zurückgeführt wurde. Allerdings wurde der Eingriff ins Treppenhaus, also das Verschwinden der zur Weihestätte umgestalteten Brunnennische, nicht rückgängig gemacht – bis sich die Hochschulleitung der Technischen Hochschule als aktuelle Nutzerin für eine Öffnung und Wiederherstellung der Brunnensituation entschied. Sie kam damit der während der Restaurierung des Gebäudes geäußerten Erwartung nach, dass es „[…] einer späteren Baumaßnahmen vorbehalten bleiben [wird], die Haupttreppe durch Entfernung des nachträglich eingefügten Mittelbereichs in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen […].“ [85] Vielleicht schwang damals bei diesem Wunsch auch die Einschätzung mit, dass der historisch ‚richtige‘ Zeitpunkt für eine Öffnung, die ja auch eine Wiederherstellung von Erinnerung ist, noch nicht gekommen sei. Nun ist er da.[86]
[1] Vgl. Matzerath, Horst: Köln in der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945. [Geschichte der Stadt Köln, Bd. 12] Köln 2009, S. 35.
[2] Vgl. z. B. Matzerath, Horst: Öffentliche Mobilisierung in Köln. Nationalsozialistische Propaganda als Herrschaftsinstrument. In: Dülffer, Jost, Szöllösi-Janze, Margit [Hrsg.]: Schlagschatten auf das »braune Köln«. Die NS-Zeit und danach. [Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins. Bd. 49] Köln 2010, S. 33.
[3] Vgl. Brechtken, Magnus: Kommentar und Forschungsforderungen. In: John, Jürgen, Möller, Horst, Schaarschmidt, Thomas [Hrsg.]: Die NS-Gaue. Regionale Mittelinstanzen im zentralistischen „Führerstaat“ [Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Sondernummer] München 2007, S. 409.
[4] Zur ursprünglichen künstlerischen Ausstattung vgl. Cinar, Esra, Linne, Marie-Therese: Das Hauptgebäude Claudiusstraße. In: Zimmermann, Petra-Sophia [Hrsg.], Kunst an Gebäuden der Technischen Hochschule Köln. Eine Bestandserhebung und Wertung. [Kölner Beiträge zur Baugeschichte und Denkmalpflege [Band 3] Köln 2021, S. 7-27.
[5] Häufig fanden Gedenkmärsche zwischen dem Gauhaus und dem Kriegerdenkmal statt, z. B. vom ‚Kyffhäuserbund‘. Vgl. Der Neue Tag, 27. August 1938, Nr. 234. – ‚Der Neue Tag‘ und die ‚Kölnische Zeitung‘ sind die archivalisch zurzeit am besten zugänglichen Kölner Tageszeitungen zwischen 1933 und 1945 und werden deshalb in diesem Essay häufig herangezogen. Beide Zeitungen, die eine ursprünglich liberal orientiert, die andere als ‚Kölner Lokal-Anzeiger‘ dem ‚Zentrum‘ nahestehend, waren in der Zeit des ‚Dritten Reichs‘ gleichgeschaltet. Schriftleiter bei ‚Der Neue Tag‘ war von 1937 bis 1939 Werner Höfer (vgl. Anm. 26). Die Zeitungen werden zitiert nach den Digitalisaten auf der Plattform zeit.punkt NRW der ULB Bonn.
[6] Freitäger, Andreas: Façetten zur Kölner Universitätsgeschichte zwischen Weimarer Republik und demokratischem Neubeginn. Köln 2005, S. 29 und Anm. 38.
[7] Kölnische Zeitung, 3. November 1934, Nr. 557. Die Stadt Köln, die wegen großer Raumnot der Verwaltung ebenfalls an einer Nutzung interessiert war, musste zurücktreten. Vgl. Hilpert, Wolfram: Nationalsozialismus und Stadt(Verwaltung) Köln. In: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins. 60 (1989), S. 241-284, hier S. 273.
[8] Vgl. Moll, Martin: Steuerungsinstrument im »Ämterchaos«? In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (49) 2001, S. 215.
[9] Vgl. Nolzen, Günter: Die Gaue als Verwaltungseinheiten der NSDAP. Entwicklungen und Tendenzen in der NS-Zeit. In: John, Jürgen, Möller, Horst, Schaarschmidt, Thomas [Hrsg.): Die NS-Gaue, a.a.O., S. 206. – Nach dem erhofften ‚Endsieg’ wäre das Gebäude in der Claudiusstraße natürlich nicht mehr der noch extremer ausgedehnten Machtfülle angemessen gewesen. Deshalb förderte Grohé die megalomanen Pläne des Speer-Schülers Klotz zur Errichtung eines riesigen ‚Gauforums‘ im rechtsrheinischen Köln.
[10] Vgl. Tyrell, Albrecht: Führergedanke und Gauleiterwechsel. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 23 (1975), H. 4, S. 341-374; hier S. 373.
[11] Vgl. Hüttenberger, Peter: Die Gauleiter. Studie zum Wandel des Machtgefüges in der NSDAP. [Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichten Nr. 19], Stuttgart 1969, S. 80 und Anm. 13.
[12] Vgl. Kölnische Zeitung, 25. Januar 1936, Nr. 45/46.
[13] Matzerath, Köln in der Zeit des Nationalsozialismus, a.a.O., S. 106.
[14] Es handelte sich vermutlich u. a. um die 13 Nationalsozialisten, die zwischen 1931 und 1933 bei politischen Auseinandersetzungen im Gau Aachen-Köln umgekommen waren. Vgl. Matzerath, Öffentliche Mobilisierung in Köln, a.a.O., S. 31. – Zum Heldenkult vgl. auch Behrenbeck, Sabine: Der Kult um die toten Helden. Nationalsozialistische Mythen, Riten und Symbole, 1923-1945. [Kölner Beiträge zur Nationsforschung, Bd. 2] Vierow bei Greifswald 1996.
[15] Vgl. Günther, Sonja: Design der Macht. Möbel für Repräsentanten des »Dritten Reiches«. Stuttgart 1991, S. 96f.
[16] Vgl. Der Neue Tag, 30. Mai 1937, Nr. 145.
[17] Eichler, Sabine: Südstadtgeschichte(n): Claudiusstraße 1 – »nur« ein Gebäude am Römerpark? In: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins (80) 2009/10, S. 144.
[18] Vgl. den mit Fotografien versehenen Bericht von Anonym: Umbau im Gauhaus Köln-Aachen der NSDAP. In: Zentralblatt der Bauverwaltung (59) 1939, Heft 3, S. 53-57.
[19] Vgl. eine entsprechende Bekanntgabe in: Die Neue Woche, 13.Februar 1938, Nr. 7. – Rolf Distel (1897-1968) hatte an der Kölner Kunstgewerbeschule als Hospitant Architektur studiert und sich nicht nur als Architekt, sondern auch als moderner Möbeldesigner und Raumgestalter einen Namen gemacht. Vermutlich noch vor 1933 trat er in die SA ein und wurde allmählich zum ‚Gauarchitekten‘. Den Durchbruch in dieser Phase brachte sein Erfolg im Wettbewerb zum Umbau des Gauhauses 1937. Vgl. Hagspiel, Wolfram: Der Kölner Architekt und Baukünstler Rolf Distel. In: Lieb, Stefanie [Hrsg.]: Form und Stil. Festschrift für Günther Binding zum 65. Geburtstag. Darmstadt 2001, S. 366-371.
[20] Eichler, ebd.
[21] Ein entsprechender Hinweis findet sich bei Hagspiel, a.a.O., S. 369.
[22] Günther, a.a.O, S. 98.
[23] Dieser Betrieb war zunächst ein Tochterunternehmen der ‚Werkstätten für Kunst und Handwerk‘ in München; beide entwarfen und vertrieben Produkte im Stil des ‚Deutschen Werkbundes‘ und der ‚Neuen Sachlichkeit‘. Beide Unternehmen stellten sich nach der ‚Machübernahme‘ den Gestaltungsinteressen der NSDAP zur Verfügung, ohne allerdings gänzlich auf die eigenen Stilkonzepte zu verzichten, was in der Partei zunehmend Anklang fand.
[24] Brückner, Franz P.: Arbeiten von Rolf Distel, Köln. In: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst. H. 26, 1927. S. 413-426; hier S. 414.
[25] Anonym: Rolf Distel. In: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst. H. 28, 1929. S. 173-176; hier S. 173.
[26] Höfer, Werner: Zwiesprache zwischen Mensch und Raum. In: Innendekoration: mein Heim, mein Stolz. Die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort. Heft 45, 1934, S. 229-232; hier S. 230. Bei dem Autor handelt es sich nicht, wie vermutet wurde, um den Wiener Architekten Werner Höfer, sondern um den gleichnamigen Kölner Journalisten (1913-1997). Dieser war seit 1933 NSDAP-Mitglied und später für Albert Speer tätig. Nach dem Krieg ein in Westdeutschland sehr bekannter Fernsehjournalist, Leiter des ‚Politischen Frühschoppens‘.
[27] Meis, Daniel: Josef Grohé (1902-1987). Ein politisches Leben? Berlin 2020, S. 38.
[28] Meis, ebd. Es handelt sich um ein Zitat aus Grohés Rede in der Stadtverordnetenversammlung in Köln 1933 nach der Machtübernahme.
[29] Vgl. die Abbildung bei Günther, a.a.O., S. 41 mit der Abbildung bei Anonym: Umbau im Gauhaus Köln-Aachen der NSDAP, a.a.O., S. 57.
[30] Ebd., S. 55f.
[31] Vgl. Hagspiel, a.a.O., S. 367.
[32] Wallraff, Horst: Josef Grohé. In: Internetportal Rheinische Geschichte. https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/josef-groh%25C3%25A9/DE-2086/lido/57c6d70360f040.65100512 (abgerufen am 25.08.2022)
[33] Erwin Hetsch (1895-1978) hatte, nach der Ausbildung am Evangelisch-Theologischen Seminar in Urach, einen künstlerischen Weg eingeschlagen und häufig in Kirchen gearbeitet. Ab 1937 leitete er an der ‚Kölner Werkschule‘ für zwei Jahre die Klasse für Kirchen- und figürliche Malerei. Nach 1933 nahm er auch Staats- und Parteiaufträge an. Vgl. Hartewig, Karin: Kunst für alle!: Hitlers ästhetische Diktatur. Norderstedt 2018. S. 58f. Im Kölner Gauhaus gestaltete er vor allem den großen Wandteppich mit dem Hoheitsemblem im Empfangssaal.
[34] Auch die Brüder Kotthoff waren Absolventen der Kölner Kunstgewerbeschule (so die ursprüngliche Bezeichnung der ‚Kölner Werkschulen‘) und hatten sich u. a. auf religiöse Kunst spezialisiert. Bei der Kölner Gewerbeausstellung von 1912 hatten sie einen goldenen und kupfernen Altar präsentiert. Nach dem Aufstieg der NSDAP interessierten sie sich für Partei-Aufträge für öffentliche Gebäude. Vgl. Bender, Ewald: Schmiedeeiserne Hoheitszeichen. Arbeiten aus der Kunstschmiedewerkstatt August Kotthoff. In: Deutsche Bauzeitung. Kunstdruckteil. Mai 1938. S. 143-145.
[35] Ein Rundleuchter befand sich auch in der Empfangshalle von Hitlers ‚Berghof‘ auf dem Obersalzberg, die in „nordisch-germanischem Wohnstil“ gestaltet war. Vgl. Günther, a.a.O., S. 36. Vielleicht ordneten Repräsentanten des ‚Dritten Reichs‘ diese Leuchterform fälschlicherweise diesem Stil zu.
[36] In Sabine Würichs akribischer Auflistung nationalsozialistischer Tatorte und Verbrechensspuren in Köln kommt zwar der Römerpark, nicht jedoch das Gauhaus vor. Vgl. Würich, Sabine: Das Gedächtnis der Orte. Köln 2004, S. 30; 123.
[37] Der Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Robert Ley [Hrsg.]: Organisationshandbuch der NSDAP. 3. Aufl. München 1937, S. 141.
[38] Vernehmungsprotokoll des Spruchgerichts Bielefeld vom Januar 1950, S. 13f. Hausarchiv des Instituts für Zeitgeschichte, München. Signatur ID 2000. Bandnummer 21. Das Protokoll ist zugänglich im Bundesarchiv Koblenz; Signatur Z 42 IV-1806. Grohés Aufzählung ist überwiegend identisch mit den Angaben bei Eichler, a.a.O., S. 143. Lediglich zwei Gauämter hatten Geschäftsstellen außerhalb der Claudiusstraße, wie man ‚Grevens Adressbuch‘ aus dem Jahr 1939 entnehmen kann.
[39] Hüttenberger, a.a.O., S. 56.
[40] Nolzen, Günter: Die Gaue als Verwaltungseinheiten der NSDAP. Entwicklungen und Tendenzen in der NS-Zeit. In: John, Jürgen, Möller, Horst, Schaarschmidt, Thomas [Hrsg.): Die NS-Gaue, a.a.O., S. 202.
[41] Vgl. Roeseling, Severin: Das braune Köln. Ein Stadtführer durch die Innenstadt in der NS-Zeit. Köln 1999, S. 78: „In der Claudiusstraße war also das eigentliche Machtzentrum in Köln und in den Regierungsbezirken Köln und Aachen.“
[42] Matzerath, Köln in der Zeit des Nationalsozialismus, a.a.O., S. 108.
[43] Durch Neugründungen erhöhte sich die Zahl auf 30 Ämter. Vgl. Roeseling, a.a.O., S. 77.
[44] Roeseling, ebd. – Zu den Ämtern in den Gauleitungen des Rheinlands vgl. Nolzen, Armin: Die NSDAP in der Rheinprovinz nach 1933. In: Internetportal Rheinische Geschichte. https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/die-nsdap-in-der-rheinprovinz-nach-1933/DE-2086/lido/57d13372db4f95.53229046 (abgerufen am 25.08.2022).
[45] Eine Auflistung vom Frühjahr 1936 umfasst 35 Einrichtungen oder Anlaufstellen in der Claudiusstraße. Vgl. Der Neue Tag, 23. Februar 1936, Nr. 54.
[46] Vgl. Der Neue Tag, 20 Juli 1943, Nr. 196.
[47] Vgl. Der Neue Tag, 19. Januar 1936, Nr. 19.
[48] Vgl. Kölnische Zeitung, 4. November 1936, Nr. 562/563.
[49] Die Quellenlage in Hinblick auf die Tätigkeit der Gauleitung und speziell Grohés ist mehrfach als unzureichend beklagt worden. Vgl. Meis, Grohé, S. 52, 67. Klarzyk, Der Fall Josef Grohé. In: Dülffer, Jost, Szöllösi-Janze, Margit [Hrsg.], Schlagschatten auf das »braune Köln«, a.a.O., S. 307-326; hier S. 308. Ein Großteil der Akten des NS-Zeit wurde bei der Auslagerung des Stadtarchivs im Krieg zerstört, der Rest kam „in den Wirren des Kriegs abhanden.“ Vgl. Dülffer, Szöllösi-Janze, Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg in Köln — zur Einführung. In: Dies. [Hrsg.], a.a.O., S. 7. Ebenso bereits Hilpert, a.a.O., S. 245f.
[50] Meis, a.a.O., S. 59f.
[51] Auch wenn im Herrschaftsgebiet Grohés ein pausenloses Hineinregieren der Partei in die staatliche Verwaltung und im Kriegsverlauf dann eine sich ausweitende Übernahme von Aufgaben staatlicher Institutionen durch die Gauleitung erkennbar ist, ist hier an die Doppelstaatstheorie Ernst Fraenkels zu denken, die von der Weiterexistenz des auf Gesetzen beruhenden Normenstaates und eines konkurrierenden und auf reine Zweckdienlichkeit ausgerichteten NS-Maßnahmenstaates ausgeht. Zu Fraenkels Theorie sei ausgewählt hingewiesen auf: Fraenkel, Ernst: Der Doppelstaat; herausgegeben von Alexander von Brünneck, 4. Aufl., Hamburg 2019 sowie Wildt, Michael: Die Transformation des Ausnahmezustands. Ernst Fraenkels Analyse der NS-Herrschaft und ihre politische Aktualität, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 01.06.2011. http://docupedia.de/zg/wildt_fraenkel_doppelstaat_v1_de_2011 (abgerufen am 25.08.2022).
[52] Matzerath, a.a.O., S. 152f. Vgl. Hilpert, a.a.O., 252-254.
[53] Grüttner, Michael: Hochschulpolitik zwischen Gau und Reich. In: John, Jürgen, Möller, Horst, Schaarschmidt, Thomas [Hrsg.): Die NS-Gaue, a.a.O., S. 187.
[54] Vgl. Roth, Thomas: Rassenwahn und Verfolgungsalltag. Das Nürnberger “Blutschutzgesetz”, das Delikt der “Rassenschande” und die Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung im Raum Köln-Aachen. In: Geschichte in Köln 57 (2010), S. 119-161; hier: S. 127.
[55] Roth, a.a.O., S. 149.
[56] Bilz, Fritz: Karl Küpper – Ein kritischer Kölner Karnevalist. Dossier Literaturhinweise zur Gewerkschafts- und Sozialgeschichte in der Region Köln-Bonn. 2010. https://koeln-bonn.dgb.de/themen/++co++5da628a4-ee5f-11df-6952-00188b4dc422 (abgerufen am 25.08.2022). Karl Küpper machte sich in Büttenreden über den nationalsozialistischen Gruß lustig. Siehe auch Eintrag in der Widerstandskarte des LVR-Forschungsprojektes „Widerstand im Rheinland 1933-1945“ unter https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Projekte/Widerstandskarte/karl-kuepper-machte-sich-in-buettenreden-ueber-den-nationalsozialistischen-gruss-lustig/DE-2086/lido/dc00018714 (abgerufen am 25.08.2022).
[57] Grohé selbst hat sowohl eine Beteiligung als auch eine Mitwisserschaft bei NS-Verbrechen stets verneint: „Ich hatte nichts getan, das eine strafrechtliche Verfolgung nach der Niederlage hätte nach sich ziehen können.“ Vernehmungsprotokoll des Spruchgerichts Bielefeld, a.a.O., S. 25. Zur problematischen Quellenlage siehe Anm. 49. Da die Reichsleitung die Gauleitungen wiederholt über Vernichtungsaktivitäten unterrichtete, bleibt die Wahrscheinlichkeit zumindest einer Mitwisserschaft sehr hoch. Vgl. Meis, a.a.O., S. 52-54.
[58] Vgl. Hauptstock, Hans, Stahl, Heiner: Rundfunksäulen und (Volks-)Gemeinschaftsempfang. Zur Beschallung der Öffentlichkeit in rheinischen Kommunen während der NS-Diktatur. In: Geschichte im Westen 33 (2018), S. 177-199; hier S 182, 186.
[59] Der Neue Tag, 24. Februar 1939, Nr. 55.
[60] Vgl. Der Neue Tag, 23. Mai 1936, Nr. 142; Der Neue Tag, 14. Dezember 1937, Nr. 343.
[61] Vgl. Der Neue Tag, 6. August 1941, Nr. 217.
[62] Vgl. Der Neue Tag, 23. März 1937, Nr. 82.
[63] Vgl. Der Neue Tag, 14. Juni 1944, Nr. 162.
[64] Vgl. Kölnische Zeitung, 15. Januar 1936, Nr. 28. Die musikalischen Veranstaltungen sind dokumentiert im ‚Handbuch deutsche Musiker 1933 – 1945. Online-Version: The Internet Archive. https://archive.org/stream/bib130947_001_001/bib130947_001_001_djvu.txt (abgerufen am 25.08.2022).
[65] Börsenblatt für den deutschen Buchhandel (105) 1938, Nr. 20. S. 71.
[66] Offensichtlich war die Gauverwaltung auch für die Durchführung von Maßnahmen zur Reichsverteidigung mitzuständig. Dies betraf ab Oktober 1944 z. B. die gezielte Zerstörung von Betrieben oder Infrastruktur. Vgl. Meis, a.a.O., S. 50f und Anm. 210.
[67] Vgl. Erbslöh, Pilipp: Luftangriffe auf Köln. In: Dülffer, Jost, Szöllösi-Janze, Margit [Hrsg.], Schlagschatten auf das »braune Köln«, a.a.O. S. 223; Anm. 127.
[68] Vernehmungsprotokoll des Spruchgerichts Bielefeld, a.a.O., S. 23f. Vgl. Meis, a.a.O., S. 50.
[69] Hüttenberger, a.a.O., S. 169f.
[70] Meis, a.a.O., S. 64.
[71] Klarzyk, a.a.O., S. 315.
[72] Lt. ‚Weisung des Führers‘ vom 28. August 1944. Vgl. Hüttenberger, a.a.O., S. 189.
[73] Vgl. Hüttenberger, a.a.O., S. 190. – Lt. Aussage und Anordnung Grohés vom 11. September 1944 wurden über 100.000 notdienstverpflichtete Arbeiter sowie 240.000 Einwohner des Westwallgebiets in Trecks oder Marschkolonnen evakuiert. Quelle: Bundesarchiv, RH24-81/103. http://www.freeaachen44.de (abgerufen am 25.08.2022).
[74] Meis, a.a.O., S. 51.
[75] Meis, a.a.O., S. 58
[76] Vernehmungsprotokoll des Spruchgerichts Bielefeld, a.a.O, S. 20. (Aussage des ehemaligen Rechtsanwalts Otto Maercks, mit dem Grohé verfeindet war und der die NSDAP verlassen musste).
[77] Vgl. Roeseling, a.a.O., S. 78.
[78] Z.n. Matzerath, a.a.O., S. 126. Sybaritisch = genussüchtig, schwelgerisch.
[79] Vernehmungsprotokoll des Spruchgerichts Bielefeld, a.a.O., S. 20. (Aussage der ehemaligen Mitarbeiterin Elisabeth Schürer)
[80] Z.n. Meis, a.a.O., S. 99f.
[81] Hüttenberger, a.a.O., S. 123.
[82] Nolzen, a.a.O., S. 207.
[83] Bönisch, Georg: 1945: »Absturz ins Bodenlose«. In: Der Spiegel 1985, H. 17. Spiegel-Archiv. https://www.spiegel.de/politik/1945-absturz-ins-bodenlose-a-0caff328-0002-0001-0000-000013513534 (abgerufen am 25.08.2022). Diese Darstellung weicht von Grohés Aussagen ab. Vgl. Vernehmungsprotokoll des Spruchgerichts Bielefeld, a.a.O., S. 29.
[84] Eichler, a.a.O., S. 145.
[85] Krause, Reinhard: Zur Restaurierung und Instandsetzung. In: Der Rektor der Fachhochschule Köln [Hrsg.]: Die Alte Universität zu Köln. Restaurierung und Instandsetzung des Gebäudes Claudiusstraße 1. Köln 1988, S. 23.
[86] 2021 stand der Brunnen anlässlich eines studentischen Wettbewerbes an der TH Köln mit dem Ziel, die Geschichte des Brunnens aufzuarbeiten und öffentlich zu präsentieren, im (hochschul)öffentlichen Fokus. Informationen rund um den Wettbewerb sowie die Sanierung des Brunnens unter https://www.th-koeln.de/hochschule/loewenbrunnen_95440.php#sprungmarke_2_6 (abgerufen am 25.08.2022).
Zitierweise:
Metzner, Joachim: Ein Schloss für den „Satrapen“: Das Gauhaus der NSDAP in Köln, in: Histrhen. Rheinische Geschichte wissenschaftlich bloggen, 14.11.2022, http://histrhen.landesgeschichte.eu/2022/11/ein-schloss-fuer-den-satrapen/
- Ein Schloss für den „Satrapen“: Das Gauhaus der NSDAP in Köln - 14. November 2022
- Die Tradition angewandter Wissenschaft in Köln Von der Handelshochschule zur FH / TH Köln - 4. November 2021
- Zeit der Weichenstellungen Die frühen Jahre der Fachhochschule Köln - 28. Oktober 2021
Wirklich ein spannender und ausführlicher Artikel über die Aktivitäten der Gauleitung in der Claudiusstraße 1. Was absolut nicht nachvollziehbar ist, ist, dass Josef Grohé nahezu straffrei aus der Sache rausgekommen ist und – folgt man dem Wikipedia-Artikel über ihn – sogar bis zum Lebensende ohne jegliche Reue über die Verbrechen des NS-Regimes ins Grab gestiegen ist.
Danke für diesen Artikel!D