Der folgende Text stellt das Dissertationsprojekt mit dem Arbeitstitel ‘Die Ministerialen des Kölner Erzstifts im Hochmittelalter’ vor, das zur Zeit bei Prof. Dr. Andrea Stieldorf, Inhaberin des Lehrstuhls für Historische Hilfswissenschaften und Archivkunde an der Universität Bonn entsteht. Ministeriale waren unfreie Personen, die von ihrem Herrn aufgrund von besonderen militärischen oder administrativen Qualifikationen zu Aufgaben herangezogen wurden, die sie von der übrigen unfreien familia abhoben. Die Erforschung der Ministerialen stellt für das Kölner Erzstift, bis auf wenige, meist ältere Ausnahmen, ein Desiderat dar.[1] Für andere Regionen und Städte des römisch-deutschen Reiches hat die mediävistische Forschung, die sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder mit dem Phänomen beschäftigt hat, jedoch herausarbeiten können, dass die Ministerialen in der Herrschaftsausübung eine wichtige Rolle spielten.[2] Gerade durch diese Rolle eröffneten sich ihnen soziale Aufstiegsmöglichkeiten, die ihnen eine besondere Bedeutung in der dynamischen Gesellschaft des hohen Mittelalters zukommen ließ.
Entstehung und Entwicklung der Ministerialität
Die Entwicklung der Ministerialen kann am besten anhand der Terminologie in den Urkunden verfolgt werden. Erstmals taucht der Begriff ministeriales in seiner hochmittelalterlichen Bedeutung um 1050 in Urkunden von Reichsklöstern auf. Hier verdrängte er Begriffe wie servus oder cliens; also Begriffe, die auf die Sphäre der unfreien Hintersassen der Klöster verweisen. Die Forschung erklärt diesen Vorgang folgendermaßen: Dass der Terminus ministeriales Begriffe wie servus etc. ersetzte, war wahrscheinlich eine Folge von Veränderungen im unfreien Teil der familia der Reichsklöster. Einzelne Personen wurden aufgrund ihrer besonderen Verwendbarkeit aus der familia herausgegriffen und zu besonderen, ‘gehobenen’ Diensten herangezogen. Daraus resultierte für diese Personen ein sozialer Aufstieg und eine Distinktion von der übrigen familia. Ihr rechtlicher Status, d.h. ihre Unfreiheit blieb von diesem Prozess zunächst unberührt. Ministeriale waren das ganze Hochmittelalter hindurch rechtlich unfrei, was sich auf ihre soziale Stellung aber nicht unbedingt auswirken musste. Durch das Herausgreifen und den sozialen Aufstieg entstand eine neue Personengruppe, die in der Folge mit dem Begriff ministeriales bezeichnet wurde.
Der Grund für den Rückgriff auf die Unfreien war zunächst, dass es einen erhöhten Bedarf für Funktionen gab, die über niedere Arbeiten auf einem landwirtschaftlichen Gut oder am Hof des Herrn hinausgingen. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ist hier vor allem an militärische Funktionen zu denken, da die Jahre des Investiturstreits eine verhältnismäßig kriegerische Zeit waren. Hinzu kam, dass die Adeligen, die vorher als Vasallen solche Aufgaben wahrgenommen hatten, aus verschiedenen Gründen nicht mehr in der erforderlichen Zahl zur Verfügung standen.
Der Rückgriff auf Unfreie war für den Herrn aus mehreren Gründen attraktiv: Die unfreien Ministerialen waren, zumindest am Anfang, wesentlich enger an ihren Herrn gebunden als dies bei Adeligen der Fall war und dadurch besser zu kontrollieren. Außerdem konnte so der Tendenz des Adels begegnet werden, sich Güter, die eigentlich nur verlehnt waren, anzueignen und so dem Besitz des Herrn zu entfremden. Ministeriale waren hinsichtlich Eigenbesitz und in der Veräußerung desselben deutlich eingeschränkter als Adelige. Ein weiterer Grund ist im beginnenden sog. Landesausbau zu sehen, das heißt in den Bestrebungen des Herrn, eine Region herrschaftlich zu durchdringen und zu erfassen. Ein weiterer wichtiger Grund ist der Ausbau der herrschaftlichen Höfe, der im 12. Jahrhundert einsetzte. Die Ministerialen waren daher sowohl treibende Kraft als auch Ergebnis der sozialen Dynamiken des Hochmittelalters und der Neustrukturierung der Gesellschaft. Kurz nach dem ersten Auftauchen von Ministerialen an den Reichsklöstern breiteten sie sich schnell im gesamten römisch-deutschen Reich aus. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts sind sie praktisch an jedem Herrscherhof in den verschiedensten Funktionen zu finden.
Am Hof der Kölner Erzbischöfe ist zum ersten Mal in einer Urkunde Erzbischof Annos II. von 1061 von Ministerialen die Rede. Ob Anno diese Personen gezielt in seinen Dienst nahm und wie die Anfänge genau aussahen, lässt sich mangels Quellen nicht sagen. Die Formierung der Kölner Ministerialität erhält unter Erzbischof Friedrich I., also zwischen 1100 und 1130, nochmals einen kräftigen Schub. Der Grund hierfür war vor allem militärischer Natur. Während des Aufstandes der Sachsen und Rheinländer gegen Kaiser Heinrich V. 1114 benötigte Friedrich eine schlagkräftige militärische Truppe und griff hierfür auf seine unfreien Hintersassen zurück. Man kann daher sagen, dass die Ministerialität des Kölner Erzstifts ab dem Beginn des 12. Jh. vorhanden und etabliert war. Allerdings haben die Erzbischöfe in der Folgezeit unterschiedlich stark auf sie zurückgegriffen, was an den unterschiedlichen Herrschaftskonzepten lag und an den jeweils besonderen Umständen der Zeit.
Das Dissertationsprojekt
Warum Ministeriale im Kölner Erzstift? Die Ministerialen im Kölner Erzstift sind bisher noch nicht systematisch und umfassend untersucht worden. Das erstaunt, weil für viele andere weltliche und geistliche Herrschaftsgebiete Untersuchungen vorliegen und die Ministerialen als ein zentrales soziales Phänomen des Hochmittelalters gelten. Daher sind sie seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einer der häufigsten Untersuchungsgegenstände der Mediävistik gewesen. Außerdem ist für Köln die Quellenlage verhältnismäßig günstig. Vielleicht ist aber auch gerade in der Menge der zur Verfügung stehenden Quellen die Ursache dafür zu suchen, dass die Kölner Ministerialen bisher eher in Arbeiten am Rande als ein Phänomen unter anderen gestreift worden sind. So bot sich nach Vorarbeiten in einer Masterarbeit, die bei Prof. Dr. Manfred Groten verfasst wurde, an, das Thema zu einer Dissertation auszubauen.
Das Ziel der Untersuchung ist, die Ministerialen des Kölner Erzstifts zum einen systematisch zu erfassen, zum anderen aber darüber hinauszugehen und aufzuzeigen, welche sozialen Aufstiegsmöglichkeiten es gab und wie soziale Mobilität im Hochmittelalter funktionierte. Außerdem sollen die untersuchten Personen konkreten Lebenswelten zugeordnet werden, um ihre Erfassung und Darstellung zu vereinfachen.
Die Quellen sind in erster Linie die Urkunden der Erzbischöfe von Köln, vor allem sind die Zeugenlisten interessant. Die Urkunden liegen zu einem großen Teil in verschiedenen Editionen gedruckt vor.[3] Der Zugang wird durch das mehrbändige Werk die Regesten der Erzbischöfe von Köln erheblich erleichtert.[4]
Die Methode: Zunächst wurden die Zeugenlisten der Urkunden systematisch ausgewertet. Die meisten Urkunden zwischen der Mitte des 11. Jahrhunderts und dem Anfang des 13. Jahrhundert enthalten eine solche als Beglaubigungsmittel. Bereits kurz nach dem ersten Auftauchen der Ministerialen zeugen diese auch in den Urkunden. In der Regel folgen sie nach den Geistlichen und den Adeligen am Ende der Liste. Die Identifizierung gelingt durch die glücklicherweise meist vorhandenen Rubriken, in die die Listen unterteilt sind. Die Listen wurden ausgewertet und daraus Tabellen erstellt. Die Tabellen enthalten Rubriken zu Ausstellungsdatum der Urkunde, Nummer in den Regesten, Druckort, Ausstellungsort, Ort des Empfängers, Inhalt (anfänglich), Rubrik, Besonderheiten. Auf der Grundlage der Tabellen wurden die Fragestellungen bearbeitet. In einem zweiten Schritt wurden jedoch auch die Urkundentexte herangezogen. Hier sind vor allem Übertragungen von Grund und Boden interessant, die Ministeriale, vermittelt durch den Erzbischof, tätigten.
Als weitere interessante Quelle stehen für das Kölner Erzstift drei Rechtstexte bezüglich der Ministerialen zur Verfügung: Das sog. längere Kölner Dienstrecht, das kürzere Kölner Dienstrecht und der Kölner Hofdienst. Die beiden Dienstrechte enthalten in unterschiedlicher Länge und Ausführlichkeit Rechte und Pflichten sowohl der Ministerialen als auch des Erzbischofs. Vor allem geht es hierbei um die Pflicht zum Italienzug, um die materielle Ausstattung von Ministerialen und die Bedingungen für die Aufnahme in den Dienst des Erzbischofs. Der Kölner Hofdienst schreibt den Umfang von Lieferungen fest, die die verschiedenen Gutshöfe an den erzbischöflichen Hof liefern mussten. Zudem legt er aber auch fest, mit was und wieviel die führenden Ministerialen aus diesen Einkünften versorgt werden mussten. Auch diese drei Texte sind wichtige Quellen für meine Arbeit.
Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich zwischen von 1050 bis 1250. Kurz nach 1050 tauchen in den Quellen die ersten Ministerialen auf, um 1250 treten Veränderungen ein, die die Untersuchung mit der angewandten Methode schwierig machen: Urkunden werden immer mehr mit Siegeln statt mit Zeugenlisten beglaubigt, der Begriff ministeriales verschwindet und wird zum Teil durch miles ersetzt. Das heißt, es wird immer schwieriger, zu entscheiden, ob jemand noch Ministerial oder nicht schon Ritter oder etwas anderes ist. Deshalb musste hier eine zeitliche Grenze gezogen werden. Auch, um das bis dahin gesammelte Material nicht überhand nehmen zu lassen. Den geografischen Raum bildet das Kölner Erzstift, also der weltliche Herrschaftsbereich der Erzbischöfe.
Ergebnisse und weitere Arbeitsziele
Im Folgenden werden die Ziele der Arbeit genauer erläutert und erste Ergebnisse vorgestellt. Die Bearbeitungsdauer beträgt bis jetzt etwa drei Jahre. Das ist auch ungefähr der Zeitrahmen, der zur Bearbeitung vorgesehen war. Die Abgabe soll in der ersten Jahreshälfte 2019 erfolgen. Die Arbeit ist bis jetzt thematisch gegliedert. Im Folgenden werden die einzelnen Punkte erläutert. So wird auch deutlicher, was Ministeriale eigentlich sind und warum sie so wichtig waren.
Ministeriale in der Grundherrschaft
Die Grundherrschaften gelten als die eigentliche Keimzelle der Ministerialität. Und tatsächlich nennen sich auch im Erzstift die ersten Ministerialen, die auftauchen und überhaupt identifizierbar sind, nach Grundherrschaften. Das Problem ist freilich, dass sich der angenommene Aufstieg nicht mit Quellen belegen lässt. Zu dem Zeitpunkt, in dem ein Ministerial in einer Zeugenliste auftaucht, steht er sozial ja schon recht hoch, sonst wäre er nicht im engeren Umfeld des Erzbischofs zu finden. Der konkrete Aufstieg von ‚ganz unten‘ lässt sich also nicht nachzeichnen. Außerdem lässt sich auch nicht feststellen, welche Aufgaben sie in der jeweiligen Villikation genau übernehmen und warum sie dann den Sprung an den Hof des Erzbischofs schaffen.
Ministeriale am erzbischöflichen Hof
Der Hof ist sicherlich eines der interessantesten Phänomene, aber auch das am schwersten zu fassende. In der Forschung gibt es unzählige Versuche, den Hof in seinen sozialen und politischen Dimensionen zu fassen. Die Ministerialen hatten am Hof zwei Funktionen: Zum einen waren sie im Rahmen der Hofämter für die alltägliche Organisation des Hofes zuständig, zum anderen gehörten manche von ihnen zum engsten Beraterkreis um den Erzbischof. Zu dieser zweiten Gruppe gehören auch die Ministerialen, die in den Zeugenlisten fassbar sind und auf denen daher der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt. Als solche waren sie den adeligen Vasallen nicht unähnlich und in den politischen Prozess eingebunden, an dessen Ende eine konsensuale Entscheidung stehen musste.
Wichtige Ministeriale am Hof waren der Kölner Stadtvogt und der Kämmerer. Sie besetzten zwei der fünf Hofämter (Stadtvogt, Kämmerer, Marschall, Truchsess, Mundschenk) und waren neben ihrer Beratertätigkeit für die Organisation des Hofes verantwortlich: Der Stadtvogt vor allem für das alltägliche Funktionieren des Hofes, der Kämmerer für die Finanzen. Der Stadtvogt war darüber hinaus einer der beiden Vorsitzenden des Kölner Stadtgerichts und hatte als solcher eine wichtige Funktion als verlängerter Arm des Erzbischofs in die Stadt hinein.
Ministeriale auf Burgen des Erzstifts
Vier Burgen wurden untersucht, für die genug Quellenmaterial vorlag: Die Burg Volmarstein im gleichnamigen Ort im Bergischen Land, Alpen am Niederrhein, Padberg im Sauerland und die Wolkenburg im Siebengebirge.
Hier konnte ich vor allem beobachten, dass die Ministerialen gegen Ende des 12. Jahrhunderts begannen, eigene herrschaftsähnliche Aktivitäten um ihre Burg herum zu betreiben. Deutlich wurde das vor allem an der Gründung und Dotierung von Klöstern in der jeweiligen Region. Außerdem hatten diese Burgministerialen auch eigene unfreie Hintersassen. Teilweise gerieten sie in Konflikt mit dem Erzbischof, meist ließ dieser ihnen jedoch freie Hand bei ihrem eigenen Herrschaftsaufbau, da er sich davon eigene Vorteile erhoffen konnte, gerade in entlegenen Gebieten wie Padberg.
Hingewiesen werden muss in diesem Zusammenhang auch auf die symbolische Funktion der Burgen und der Ministerialen. Denn es ging hier gar nicht so sehr um die militärische Durchsetzung eines Herrschaftsanspruchs oder um Verwaltung, sondern zunächst einmal darum, den Herrschaftsanspruch über ein bestimmtes Gebiet zu symbolisieren. Ministeriale auf Burgen gehörten im Übrigen auch zu den engsten Beratern des Erzbischofs. Um die politische Bedeutung der Ministerialen zu verdeutlichen, sei Folgendes angemerkt: Nachdem Erzbischof Reinald von Dassel 1167 während eines Italienzuges gestorben war, schrieb Kaiser Friedrich Barbarossa einen Brief nach Köln, um Philipp von Heinsberg als Nachfolger zu empfehlen. Diesen Brief richtet er explizit neben Adeligen auch an die beiden Ministerialen Gerhard von Eppendorf, den Stadtvogt von Köln, und Heinrich von Volmarstein. Das heißt also, dass dem Kaiser bekannt und bewusst war, welche Rolle die Ministerialen in Abwesenheit des Erzbischofs spielten bzw. während der Vakanz des Erzstuhls. Sie waren unverzichtbar in Rahmen transpersonaler Herrschaft und garantierten den Fortbestand der Ordnung und Herrschaft im Erzstift auch über den Tod des Erzbischofs hinaus.
Ministeriale in der Stadt Köln
Hier wurde zweierlei untersucht: Zum einen Ministeriale in der vom Erzbischof geführten ‚Verwaltung‘ der Stadt. Das ist der schon erwähnte Stadtvogt als einer der beiden Richter im Stadtgericht, darüber hinaus die Zöllner, die Münzer, wahrscheinlich auch, aber in den Quellen nicht greifbar, Aufseher über den Marktverkehr. Neben dieser hoheitlichen Stadtverwaltung etablierten sich im 12. Jahrhundert drei andere Institutionen, die von Stadtbewohnern getragen wurden und unabhängig
vom Erzbischof waren: Das Schöffenkolleg als Zusammenschluss der Schöffen auch außerhalb des Gerichts, die sogenannte Richerzeche als Zusammenschluss gehobener Bürger und schließlich die sog. Parochien oder Kirchspiele: Verwaltungseinheiten der untersten Ebene, die sich an den Pfarrbezirken orientieren. In all diesen Institutionen waren Ministeriale zu finden, die so die Emanzipation der Stadtgemeinde vom Erzbischof mit vorantreiben. Das heißt, sie arbeiteten hier gegen die Interessen ihres eigentlichen Herrn, der das aber nicht sanktionierte. Es gab auch eine Reihe von Ministerialen, die den Aufstieg in das sich bildende Bürgertum schafften. Zu betonen ist hier, dass es keinen absoluten Gegensatz zwischen Stadtbevölkerung und Ministerialen gab. In der älteren Forschung wurde das gerne sogesehen, da es tatsächlich zunächst als unvereinbar erscheint: Ministeriale waren unfrei und eng an den Erzbischof gebunden, Stadtbürger waren das genaue
Gegenteil. Aber bei einer näheren Untersuchung wird klar, dass die Gegensätze so absolut nicht waren und es Durchmischungen und Überschneidungen gab.
Ministeriale in anderen Städten
Der Erzbischof war um 1200 nicht nur Stadtherr von Köln, sondern auch von Bonn, Andernach, Neuss und Soest. Da es hier ähnliche Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen galt wie in Köln, wurden die Ministerialen in diesen Städten untersucht. Hier stellte sich das Problem, dass für Bonn, Andernach und Neuss nur sehr wenig Material vorliegt und sich deshalb nicht viel über die Ministerialen aussagen ließ.
Zu Soest ist die Quellenlage allerdings wesentlich besser. Da die Stadt der Zentralort im westfälischen Teil des Erzstifts und damit ihre Bedeutung recht groß war, lassen sich hier nach Köln die meisten Ministerialen feststellen. Zu nennen ist hier vor allem der Schultheiß, der eine Art Stellvertreter des Erzbischofs in Soest war. Neben ihm lassen sich eine ganze Reihe von anderen Ministerialen gut fassen, ohne dass sich ihnen eindeutige Funktionen zuschreiben ließe.
Ministeriale im 13. Jahrhundert
Die Arbeit schließt mit einem Aus- und Überblick über das 13. Jahrhundert. Untersucht wurde die Zeit bis zum Ende des Pontifikats Konrads von Hochstaden 1261. Aber schon seit etwa 1220 ergaben sich Probleme, da die Urkunden immer weniger Zeugenlisten enthalten und die Ministerialen daher aus den Urkunden zu verschwinden scheinen. Daher war der Frage nachzugehen, ob sie tatsächlich verschwanden, es also gegen Ende des 13. Jahrhunderts kaum noch Ministeriale gibt oder ob es nur so aussieht, als würden sie verschwinden, weil sie in den Zeugenlisten nicht mehr vorkommen. Beides ist zutreffend: Es ist in der Tat so, dass viele Ministerialen im Laufe des 13. Jahrhunderts in anderen gesellschaftlichen Gruppen aufgingen: Auf dem Land teilweise in den niederen Adel, in der Stadt ins Bürgertum. Diesen Aufstieg schafften aber freilich nicht alle. Nur sind Abstiege quellenmäßig nicht zu belegen. Auch die Aufstiege sind nur schwer nachzuzeichnen, weil auch hierfür das Material meist fehlt. Die Aufgaben, die die Ministerialen wie beschrieben seit dem 11. Jahrhundert wahrgenommen hatten, wurden nun auf andere Personen übertragen: Hier sind vor allem die Amtleute zu nennen, die in den gegen Ende des 13. Jahrhunderts entstehenden Ämtern und der Territorialisierung eine große Rolle spielten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ministerialen ein teilweise schwer zu fassendes Phänomen des Hochmittelalters sind. Die Ministerialität gab es nicht, sondern vielmehr eine große Anzahl von einzelnen Personen, die als gemeinsames Merkmal nur ihre Unfreiheit hatten. Darüber hinaus hatten sie unterschiedliche Rechtsstände und waren vor allem sozial höchst verschieden. Ministerialität als einheitlichen Rechtsstand gab es nicht. Deswegen plädiere ich dafür, Ministerialität als Loyalität zum Erzbischof bzw. zum Erzstift zu verstehen, die jedoch nicht bedingungslos war.
Ministeriale waren ein unverzichtbarer Bestandteil der Herrschaftsausübung des Erzbischofs. Sie sollten aber keineswegs als willfährige Instrumente zu diesem Zweck verstanden werden. Sie verfolgten eigene Interessen und nutzten die Bindung an den Erzbischof auch für ihre Zwecke. Sie waren sowohl Auslöser als auch Gegenstand der stattfindenden gesellschaftlichen Umbildungsprozesse und als solche eine der wichtigsten und interessantesten sozialen Gruppen des Hochmittelalters.
[1] Vgl. bspw. Ahrens, Jakob: Die Ministerialität in Köln und am Niederrhein, Leipzig 1908; Lau, Friedrich, Die erzbischöflichen Beamten in der Stadt Köln im zwölften Jahrhundert, Lübeck 1891; Ritzerfeld, Ulrich, Das Kölner Erzstift im 12. Jahrhundert. Verwaltungsorganisation und wirtschaftliche Grundlagen (Rheinisches Archiv 132), Köln/Weimar/Wien 1994; vgl. auch Jakobs, Hermann, Eine Forschungsaufgabe der rheinischen Landesgeschichte. Die Kölner Ministerialität. Kritische Anmerkungen zu einer einschlägigen Studie, in: AHVN 172 (1970), S. 216-223.
[2] Vgl. bspw. Bosl, Karl: Die Reichsministerialität der Salier und Staufer. Ein Beitrag zur Geschichte des hochmittelalterlichen deutschen Volkes, Staates und Reiches, 2 Bde. (Schriften der MGH 10), Stuttgart 1950; Keupp, Jan-Ulrich, Dienst und Verdienst. Die Ministerialität Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI. (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 48), Stuttgart 2002.
[3] Hauptsächlich wurde zurückgegriffen auf das Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, 4 Bde., bearb. v. Theodor Joseph Lacomblet, Düsseldorf 1840-1858 [ND Aalen 1966] und die Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, 6 Bde., bearb. v. Leonard Ennen u. Gottfried Eckertz, Köln 1860-1879 [ND Aalen 1970].
[4] Regesten der Erzbischöfe von Köln, Bd. 1-3, bearb. v. Friedrich Wilhelm Oedinger (Bd. 1) u. Richard Knipping (Bd. 2 u. 3), Bonn 1901-1961.
Zitierweise:
Schmitt, Fabian: Ministeriale im Kölner Erzstift um 1200. Beschreibung eines Dissertationsprojektes, in: Histrhen. Rheinische Geschichte wissenschaftlich bloggen, 18.02.2019, http://histrhen.landesgeschichte.eu/2019/02/ministeriale-im-koelner-erzstift/
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