Zum 100. Geburtstag… Jubiläumsbotschaften für den Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande

Seit 100 Jahren engagieren sich im Verein für geschichtliche Landeskunde Menschen für das historische Erbe der Rheinlande, für seine Sprache und Geschichte. Sie forschen, hören zu, schreiben, diskutieren und planen. Welche Herausforderungen und Bedingungen sich dem Verein im 20. Jahrhundert stellten, untersucht in einer breiten Perspektive die Herbsttagung der Abteilung für Geschichte der Frühen Neuzeit und Rheinische Landesgeschichte 2025 unter dem Titel “Der Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande (1925-2025). Entstehung – Akteure – wissenschaftliches Profil“.

Welche Gedanken Vereinsmitglieder in ihren unterschiedlichen Alters- und Berufsstufen, ihren verschiedenen Interessen, Schwerpunkten und Herkünften zum Jubiläum haben, sammeln wir in diesem Beitrag. Sechs Vereinsmitglieder haben sich freundlicherweise bereiterklärt, ihre Erinnerungen, Wünsche und Perspektiven für die weitere Vereinsarbeit hier zu veröffentlichen:


Dr. Stephen Schröder, Leiter des Archiv im Rhein-Kreis Neuss 

Welch ein Jubiläum – der Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande wird 100 Jahre alt!

Persönlich bin ich (erst) seit 2008 Vereinsmitglied. Der Rhein-Kreis Neuss, dessen Archiv ich seit 2012 leiten darf, zählte indes bereits seit den späten 1940er / frühen 1950er Jahren zu diesem erlesenen Kreis, anfangs sogar in doppelter Hinsicht: über eine korporative Mitgliedschaft seines Vorgängerkreiseses Grevenbroich sowie eine Einzelmitgliedschaft des Direktors des Grevenbroicher Kreisgymnasiums. In unserer archivalischen Überlieferung finden sich sogar noch kleine Mitgliedskarten aus diesen Anfangsjahren.

Den Verein schätze ich sehr – wegen des höchst interessanten Angebots, das meiner Ansicht zufolge sehr von der engen Anbindung an die landesgeschichtliche Forschung meiner Bonner alma mater profitiert, aber auch wegen der über die Vereinsveranstaltungen gegebenen Möglichkeit der fachlichen und sozialen Vernetzung. So denke ich gerne an verschiedene Herbsttagungen und Vortragsveranstaltungen zurück. Besonders präsent ist mir die Jahresexkursion nach Zons und in den Rhein-Kreis Neuss im Mai 2014 geblieben, an der unser Archivteam u. a. in Form von Führungen durch die sehenswerte Anlage von Burg Friedestrom mitwirken konnte. Als weitere Stationen standen damals Haus Bürgel in Monheim sowie das Zisterzienserkloster Langwaden in Grevenbroich auf dem Programm. Last but not least zählen die „Rheinischen Vierteljahrsblätter“ für mich zur selbstverständlichen „Pflichtlektüre“, auch wenn ich dieselbe weniger als Pflicht denn als Bereicherung wahrnehme.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass das hochwertige Vortrags- und Exkursionsangebot und natürlich auch die „Rheinischen Vierteljahrsblätter“ fortgeführt und, was die Veranstaltungen anbetrifft, durch gelegentliche digitale bzw. hybride Angebote ergänzt werden. An einer Veranstaltung digital teilzunehmen, lässt sich für mich terminlich bisweilen leichter realisieren als eine mit möglicherweise weitem Anreiseweg verbundene Teilnahme vor Ort. Das heißt natürlich nicht, dass man auf persönliche Begegnungen und die übliche „analogen“ Formate verzichten sollte – ganz im Gegenteil. Als Ergänzung würde ich mehr digitale bzw. hybride Formate indes begrüßen.

Abschließend bleibt mir nur eines zu sagen: Happy Birthday, lieber Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande – auf weitere erfolgreiche 100 Jahre!


Sophie David da Costa, Historikerin (Luxemburg)

2018 wurde ich als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Geschichte der frühen Neuzeit und Rheinische Landesgeschichte der Universität Bonn eingestellt. In dieser Tätigkeit hörte ich erstmals vom Verein. Eines seiner Mitglieder schwärmte von den Tätigkeiten; von seinem Bericht überzeugt, trat ich dem Verein bei und fand seine Aussagen mehr als bestätigt.

Mit dem Verein verbinde ich vor allem den Begriff der Herzlichkeit. Nicht nur entstanden gute Freundschaften mit jenen Mitgliedern, mit denen ich beinahe täglich in Kontakt stand. In den Veranstaltungen, Vorlesungen und Konferenzen, die ausschließlich vom Verein oder in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl organisiert wurden, herrschte stets eine offene und willkommene Stimmung.

Ich habe den Verein als eine große, durch gemeinsame Interessen entstandene und durch Offenheit geprägte Familie in Erinnerung behalten und ich wünsche allen gegenwärtigen und zukünftigen Mitgliedern die Möglichkeit, diese Offenheit zu erleben und weiterzutragen.


Michael Wenzel, Erster Vorsitzender der Lenné-Gesellschaft Bonn e.V.

Wir sind vor zwei Jahren eingetreten, weil wir mehr über den historischen Hintergrund der Kurfürstenzeit wissen wollen. Die Lenné-Gesellschaft ist eine noch junge Gesellschaft, die Gründung erfolgte am 23.01.2016 am 150. Todestages von Peter Joseph Lenné.  Die Hofgärtnerfamile Lenné war seit 1665 in Bonn am Hofe der Kurfürsten tätig. Wir wollen die Hofgärtnerfamilie Lenné und besonders Peter Joseph Lenné und seine Tätigkeit im Rheinland weiter erforschen und bekanntmachen. Leider fehlt uns bisher immer noch ein Porträt vom Vater Peter Joseph Lenné d.Ä.

Besondere Momente waren die Tage der offenen Tür, wo wir uns einen Überblick über die Arbeit des Vereins verschaffen konnten. Auch die Exkursionen und Vortragsveranstaltungen waren stets interessant und auf hohem Niveau. Die Rheinischen Vierteljahresblätter sind eine wertvolle Hilfe.  Gern erinnere ich mich an den Hexenschrank mit bibliophilen Kostbarkeiten.

Die Lenné-Gesellschaft wünscht sich, dass die Geschichte der Hofgärtner in der Kurfürstenzeit und der französischen Besatzungszeit weiter historisch untersucht wird. Auch die Verbindungen zu anderen historischen Persönlichkeiten wie z.B. Argelander, der im Lenné-Haus lebte und arbeitete, die Verbindung mit Ludwig van Beethoven und Ferdinand Ries, die Freundschaft mit dem Bürgermeister Kaufmann. Auch persönliche Beziehungen zu Alexander von Humboldt und Arndt sind interessant. Es ist anzunehmen, dass Peter Joseph Lenné aufgrund seiner engen Beziehung zum Königshaus, insbesondere zu König Friedrich Wilhelm IV., viele dieser Persönlichkeiten in Berlin oder Potsdam getroffen hat und gut vernetzt war.


Yuki Ikari, Historikerin (Tokio)

Auf meine Anfrage wurde mir mitgeteilt, dass ich seit dem 27. Oktober 2003 Mitglied des Vereins bin. Mit anderen Worten, ich bin seit über 20 Jahren Mitglied. Im Herbst 1999 besuchte ich Professor Groten zum ersten Mal in seinem Büro im Institutsgebäude am Hofgarten. Ich fragte ihn, ob ich meine Dissertation bei ihm schreiben könnte, und er erklärte sich bereit, mich zu betreuen. Seit meinem Masterstudium in Kyoto, Japan, interessiere ich mich für die Pilgerfahrt vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit. Die Begegnung mit meinem Doktorvater war ein prägender Moment, der meiner Forschung einen festen Rahmen der Kölner Geschichte als Maßstab gab. Neben meiner Doktorarbeit nahm ich an verschiedenen Veranstaltungen zur Regionalgeschichte – dem Paläographiekurs von Dr. Herborn unter anderem – teil, die häufig im Seminarraum des Institutsgebäudes stattfanden. Eines Tages dem Verein beizutreten, war also ein natürlicher Prozess.

Einmal habe ich einen Vereinsausflug nach Koblenz (und die Moselregion) mitgemacht. Wir nahmen den Bus und der Treffpunkt befand sich hinter dem Bonner Hauptbahnhof. Wir saßen zusammen im Bus, und ich saß neben einem älteren Herrn, der mit Pensionierung an die Uni zurückgekehrt war, um Geschichte zu studieren. Er analysierte humorvoll einige Mitfahrer im selben Bus anhand ihres Aussehens, ob es sich um Frühaufsteher handelte. Als Oberseminarteilnehmer trafen wir uns in der Regel erst spät am Nachmittag. Früh morgens, gegen 8 Uhr, sahen wir uns kaum. Zu Mittag haben wir in Koblenz oder in der Vorstadt gegessen. Wir saßen in einem hellen und geräumigen Saal und hatten ein sehr köstliches und herzhaftes deutsches Essen. Ich sagte, dass ich leider nicht ausessen könne: Kleine Japanerin, kleiner Bauch…. Dann war ich überrascht, denn die Leute nicht nur an meinem Tisch, sondern auch an anderen Tischen lachten. War meine Stimme so laut? Interessanterweise hatte das Institut stets irgendeine Art von Kontakt mit Japan, als ich in Bonn war. Oft waren Studenten und Professoren aus Japan zu Besuch. Eines Tages hatte ich eine japanische Doktorandin und ihre Kollegen, die in Münster bei Prof. Johanek und Prof. Freitag promovierten, als Gäste zur Bonner Herbsttagung. Sie alle sind meine kostbaren Erinnerungen.

Ich hoffe, dass der Verein die Beziehungen zu Japan weiter pflegen wird. Ich bin bereit, die Verantwortung für die japanische Seite zu übernehmen. Ich wünsche ferner, dass unsere Verbindungen zu anderen regionalen Geschichtsvereinen und Instituten verstärkt und nützlich gemacht werden, denen unsere Freunde und ehemaligen Bonner Kollegen derzeit angehören. Abschließend wünsche ich, angesichts der neuen Herausforderungen, weitere fruchtbare Forschungen und Zusammenarbeit.


Marius Engel, Volontär

Zwischen 2016 und 2023 absolvierte ich an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ein Studium der Geschichtswissenschaft. Bereits in der Frühphase meines Studiums entdeckte ich mein Interesse für landesgeschichtliche Forschungsansätze. Bis heute finde ich es beeindruckend, wie die Auswirkungen historischer Entwicklungen, Konflikte oder Ereignisse durch ein Herunterbrechen auf einen bestimmten Raum verständlicher und erlebbar werden. Als „waschechter Rheinländer“, faszinierte mich natürlich besonders die rheinische Landesgeschichte, die durch die besondere Lage und Zusammensetzung des Rheinlandes einen einzigartigen Charakter bietet. Als Prof. Rohrschneider in einer seiner landesgeschichtlichen Vorlesungen den Verein für geschichtliches Landeskunde Rheinlande vorstellte, war mein Interesse geweckt und ich trat kurz darauf bei.

Mit dem Verein verbinde ich viele denkwürdige Momente. Seien es die Tagungen, an denen man als Student teilgenommen oder als Mitarbeiter bei der Ausrichtung dieser geholfen hat, spannende Exkursionen – etwa zur Bonner Stadtbefestigung – oder die Vorträge zu ganz unterschiedlichen, teils wenig erforschten Themen. Aus der Vielzahl der Veranstaltungen ist mir insbesondere die Herbsttagung 2022 „Geschichte lernen – regional“ in Erinnerung, die ich damals gemeinsam mit meinem Kommilitonen und guten Freund David Schulte begleiten und in einem Tagungsbericht festhalten durfte. Darüber hinaus habe ich durch den Verein viele nette Menschen kennengelernt, woraus sich zum Teil gute Freundschaften entwickelt haben.

Dem Verein wünsche ich für die nächsten 100 Jahre viele weitere spannende Veranstaltungen, einen stetigen Mitgliederzuwachs und dass er weiterhin die zentrale Rolle in der Erforschung der rheinischen Landesgeschichte einnimmt, die er bereits jetzt innehat.


Céline Geiger, Studentin

Über meine Arbeitskollegin Sandra Otto habe ich vor ein paar Jahren den Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande kennengelernt. Vor zwei Jahren lud sie mich dazu ein, an einer Exkursion des Vereins zu Schloss Augustusburg und dem Max-Ernst-Museum in Brühl teilzunehmen, was ich begeistert annahm. Die Exkursion begann mit einer Führung durch Schloss Augustusburg, bei der unsere Gruppe die Ecken des Schlosses zu sehen bekam, die sonst nicht für Besucher zugänglich sind, z.T. aber sehr interessante Dinge über seine Geschichte offenbaren. So zogen wir zunächst durch die dunklen Gänge des Kellers und bestaunten u. a. die uralten Grundmauern der mittelalterlichen Wasserburg, auf denen Schloss Augustusburg errichtet worden war.

Ohne dass ich mir etwas dabei dachte, nahmen wir irgendwann den nächsten dunklen Kellergang, aufgehübscht mit ein paar Gemälden an der Seite. Plötzlich bogen wir um eine Ecke und mir klappte, geblendet vom Licht und der Pracht, in die wir plötzlich traten, vor Staunen der Kiefer runter. Wir waren aus dem dunklen, schmalen Gang unter der Treppe hervor in die lichtdurchflutete, prachtvolle Eingangshalle des Schlosses getreten. Ich konnte erst einmal minutenlang nur schauen und staunen. Und mir ging zum ersten Mal auf, wie es früher für die Menschen gewesen sein musste, die diese Eingangshalle betraten. Wie überwältigend für diejenigen, die als Gesandte oder Gäste nach einer langen Reise in einer engen Kutsche zum ersten Mal am Schloss ankamen und als erstes diesen Raum betraten.

Ich danke dem Verein für diesen wunderschönen Moment und wünsche mir für alle, die Spaß und Interesse daran haben (einschließlich mir selbst), dass er uns viele weitere solcher Momente bescheren wird.


Wir danken unseren engagierten Mitgliedern und freuen uns auf die weitere Arbeit an, in und um den Verein!

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VEREIN FÜR GESCHICHTLICHE LANDESKUNDE DER RHEINLANDE
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Über VEREIN FÜR GESCHICHTLICHE LANDESKUNDE DER RHEINLANDE

Seit dem Jahr 1925 fördert der Verein für geschichtliche Landeskunde den intensiven Austausch zwischen landeskundlich Interessierten und der Abteilung für Rheinische Landesgeschichte (ehem. Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande) der Universität Bonn. Gerade für Studierende und jüngere Historikerinnen und Historikern bietet die Mitgliedschaft vielfältige Möglichkeiten, erste berufliche Kontakte zu knüpfen. Der Verein zählt zur Zeit fast 1000 Mitglieder aus ganz Deutschland und anderen Ländern.

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