Mars oder Pax? ,Rheinische‘ Übergänge von Krieg und Frieden Programm zur Herbsttagung, 23./24. September 2024

Die traditionelle ,Herbsttagung‘ der Abteilung für Geschichte der Frühen Neuzeit und Rheinische Landesgeschichte und des Vereins für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande findet in diesem Jahr in Kooperation mit dem Zentrum für Historische Friedensforschung sowie dem Bonn Center for Dependency and Slavery Studies statt. Unter dem Titel „Mars oder Pax?“ widmet sie sich diachroner Weise einem – leider – nur allzu aktuellen Themenkomplex. Denn in der Forschung werden in jüngerer Zeit verstärkt die zuvor oft vernachlässigten Übergangsphänomene von Gewalt und Krieg hin zu Friedensstiftung und -konsolidierung in den Fokus gerückt. Die inhaltlichen Kontexte sowie räumlichen und chronologischen Zuschnitte entsprechender Studien sind ausgesprochen vielfältig, ebenso die typischerweise verwendeten Begrifflichkeiten: Grauzonen zwischen Frieden und Krieg, Transformationsprozesse, Zwischenwelten, Transitionen, Simultaneitätsphänomene, Wiederaufbau- und Nachkriegszeiten, Kalter Krieg/Kalter Frieden, „weder/noch“, „sowohl/als auch“ – all diese Umschreibungen zielen darauf ab, die Prämissen des klassischen Cicero-Zitates „inter bellum et pacem medium nihil sit“ zu hinterfragen und zugleich den idealtypischen Konstruktcharakter von „Krieg“ und „Frieden“ zu akzentuieren.

Ziel der Tagung ist es, die vielfältigen Übergänge von Gewalt/Krieg zu Friedensstiftung/-konsolidierung epochenübergreifend in einem konkreten Raum, nämlich der rheinischen Region, in den Blick zu nehmen. Ausgangspunkt ist hierbei die Beobachtung, dass die Rheinlande als neuralgischer mächtepolitischer Raum häufig im Brennpunkt von Krieg und Frieden standen. Gerade vor diesem Hintergrund ergeben sich interessante Forschungsperspektiven, anhand derer die tradierte Vorstellung trennscharfer Übergänge zwischen Gewalt/Krieg einerseits und Frieden andererseits konkret hinterfragt und die in der neueren Forschung betonte Fluidität und Dynamiken entsprechender Transitionsprozesse analysiert werden können.

Auch wenn angesichts des mitunter vergleichsweise defizitären Forschungsstands und der – insbesondere im Bereich der mittelalterlichen Geschichte – oftmals nicht weniger problematischen Quellenlage zweifellos nicht alle nachfolgend genannten Aspekte in den vorgesehenen Fallstudien beantwortet werden können, seien hier einige Leitfragen, mögliche Zugangsweisen und Erkenntnisziele aufgeführt, die die Tagung inhaltlich rahmen sollen:

  • Wie ist der gegenwärtige Forschungsstand zu dem jeweils untersuchten Fallbeispiel einzuschätzen und welche Probleme sowie Potenziale der Quellenlage sind zu konstatieren?
  • Wie gestalteten sich die Übergänge von Gewalt/Krieg und Friedensstiftung/-konsolidierung in politischer, militärischer, administrativer, wirtschaftlicher und kulutreller Hinsicht? Wie wurde im Falle eines Friedensabkommens der postulierte Friedenszustand konkret umgesetzt und gesichert? Welche kurz-, mittel- und langfristigen Folgen ergaben sich aus den Übergängen zum Frieden in lokaler bzw. regionaler Perspektive?
  • In welcher Weise wurden Übergänge von Gewalt/Krieg und Friedenstiftung/-konsolidierung durch symbolische und performative Akte gestaltet, kommuniziert und/oder konstituiert?
  • Inwiefern war für die Zeitgenossen spürbar, dass der Krieg beendet war und Frieden geschlossen wurde? Änderte sich mit einem Friedensabkommen überhaupt das alltägliche Leben? Wie wurde die mitunter gegebene signifikante Gleichzeitigkeit von militärischer Gewalt und Befriedungsbemühungen durch die Zeitgenossen konkret wahrgenommen? Bildete sich eine charakteristische Erinnerungskultur heraus? Welche Bedeutung haben die Befunde zu den Wahrnehmungen der Übergänge von Krieg zu Frieden für die kontroverse Diskussion über die Bedeutung von Zäsuren, Endpunkten und Neuanfängen?
  • Welche Bedeutung hatte der Faktor „Raum“ im Hinblick auf die zu untersuchenden Übergangsphänomene von Gewalt/Krieg und Frieden? Weist die rheinische Region diesbezügliche Charakteristika auf?

 

Programm

Montag, 23.09.2024

09.30 Uhr Grußworte und Einführung

Stephan Conermann (Dekan der Philosophischen Fakultät)

Matthias Becher (Geschäftsführender Direktor des Instituts für Geschichtswissenschaft)

Michael Rohrschneider: Inhaltliche Einführung


Sektion I: Übergänge von Gewalt, Krieg und Friedensstiftung im spätmittelalterlichen Rheinland (Moderation: Ulrich Meyer-Doerpinghaus)

10.00 Uhr Bernhard Kreutz (Marburg): Non erat pax in omni terra. Krieg und Frieden im Rheinischen Bund von 1254

10.45 Uhr Kaffeepause

11.15 Uhr Stefanie Rüther (Frankfurt am Main): Autorität, Sicherheit und Akzeptanz – die Friedensbemühungen des Rheinisch-Schwäbischen Städtebunds (1381–1390)

12.00 Uhr Jens Metzdorf (Neuss): Krise, Konsolidierung, Konflikt – Folgen der burgundischen Belagerung von Neuss (1474/75) für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Stadt an der Wende zum 16. Jahrhundert

12.45 Uhr Mittagspause


Sektion II: ,Nachkriegszeiten‘ im frühneuzeitlichen Rheinland (Moderation: Marion Romberg)

14.15 Uhr Thomas Becker (Bonn): Deutschlands wilder Westen. Das Rheinland nach dem Kölnischen Krieg

15.00 Uhr Nikolas Funke (Münster): Wesel und der chronische Kriegszustand am Niederrhein c.1570-1670

15.45 Uhr Kaffeepause

16.15 Uhr Christian Schlöder (Leipzig): Die Entwicklung der Residenzstadt Bonn unter Fürstbischof Joseph Clemens 1688–1723


17.30–18.30 Uhr Jahreshauptversammlung des Vereins für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande


19.00 Uhr Abendvortrag (mit anschließendem Empfang)

Guido Thiemeyer (Düsseldorf): Kontinuität und Wandel in Krieg und Frieden: Die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt 1815-heute


 

Dienstag, 24.09.2024

Sektion III: Rheinische Landesgeschichte in Bericht und Kritik (Moderation: Andrea Stieldorf)

09.00 Uhr Valerie Palmowski (Bonn): Die spätantike bis hochmittelalterliche Siedlungslandschaft zwischen Inden-Pier und Merken. Forschungsstand, Herausforderungen und Narrative des ländlichen Raums in der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie

09.30 Uhr Ulf Floßdorf (Bonn): Münzen und Siegel als Herrschaftsmedien geistlicher Reichsfürsten am Beispiel der Kirchenprovinz Köln bis 1250

10.00 Uhr Kara Kuebart (Bonn): Staatenbildung in Jülich-Kleve-Berg. Die Entstehung von Steuerstaatlichkeit in den Vereinigten Herzogtümern im 16. Jahrhundert

10.30 Kaffeepause


Sektion IV: Vom Krieg zum Frieden: Transfers und Übergangsphänomene im Rheinland (18.–20. Jahrhundert) (Moderation: Henning Türk)

11.00 Uhr Leonard Dorn (Paris): Zwischen Lilie und Welfenross: Kriegsgefangene im und aus dem Rheinland am Ende des Siebenjährigen Krieges (1761–1763)

11.45 Uhr Katharina Thielen (Bonn): Verwaltung im „Befreiungskrieg“: Rheinische Routine und lokale Selbstbehauptung 1813–1816

12.30 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr Guido von Büren (Jülich): Die Garnisonsstadt Jülich nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71

14.45 Uhr Richard Hedrich-Winter (Bonn): Aufmarschgebiet, Pufferzone und Faustpfand: Das Rheinland unter alliierter Besatzung nach dem Ersten Weltkrieg

15.30 Uhr Kaffeepause


Fortsetzung Sektion IV: Vom Krieg zum Frieden: Transfers und Übergangsphänomene im Rheinland (18.–20. Jahrhundert) (Moderation: Frank Kleinehagenbrock)

16.00 Uhr Christine Krüger (Bonn): Zerschmettert oder aufbruchsbereit? Jugend in rheinischen Städten nach dem Zweiten Weltkrieg

16.45 Uhr Philip Hoffmann-Rehnitz (Freiburg): Abschlusskommentar


17.30–18.30 Uhr

Podiumsdiskussion: Transitionen – Wendepunkte – Neuanfänge: Übergangsprozesse von Krieg und Frieden im 21. Jahrhundert (Moderation: Stephan Conermann)

Anna-Katharina Hornidge, Esther Meininghaus, Conrad Schetter, Ulrich Schlie, Hans-Georg Soeffner (alle Bonn)

 

Die Tagung findet statt im Bonner Universitätsforum, Heussallee 18–24

Anmeldung bis 9. September erbeten an

Sandra Otto M.A.
fnzrlg.verein@uni-bonn.de

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Abteilung für Geschichte der Frühen Neuzeit und Rheinische Landesgeschichte
Am Hofgarten 22
53113 Bonn
Tel.: 0228 73-7482
+ Anmeldung bevorzugt via E-Mail +

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