Köln im Zeitalter von Reformation und Katholischer Reform 1512/13–1610 (Geschichte der Stadt Köln 5) Von Gérald Chaix

“Ein Jahrhundert zwischen spannender Geschichte und lebendiger Erinnerung” – so lautet die Überschrift des letzten Kapitels des 5. Bandes der Geschichte der Stadt Köln von Geráld Chaix. Die vorliegende Überblicksdarstellung des Zeitalters der Reformation aus stadtkölnischer Sicht wurde lange erwartet.

Denn es ist die erste umfassende Übersicht eines in den letzten Jahrzehnten stadt- und konfessionsgeschichtlich intensiv diskutierten Zeitraumes. Geráld Chaix teilt seine Darstellung chronologisch in die erste und zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts, genauer von 1512 bis 1562 und von 1562 bis 1610. Die ersten und letzten Daten folgen stadtgeschichtlichen Ereignissen, die von den Herausgebern der Reihe vorgegeben wurden. Chaix hat beide Hälften gleich strukturiert, so dass man von zwei Darstellungen in diesem einen Band sprechen kann: Zunächst wird in “Köln zwischen Darstellung und Wirklichkeit” ein kurzer Überblick über die wichtigsten bildlichen und schriftlichen Primärquellen für diese Zeit gegeben (Die Koelhoff´sche Chronik von 1499, die Darstellung von Anton Woensam von 1531 und natürlich die Chroniken des Hermann Weinsberg – deren Charakter durchaus an dieser Stelle detaillierter hätten ausgeführt werden können). Zusammen mit den beiden folgenden Unterkapiteln “Raum und Zeit” und “Menschen und alltägliches Leben” wird ein atmosphärischer Eindruck erzeugt, wie wir uns das Leben in dieser Großstadt zu dieser Zeit vorstellen können. Kurz und knapp wird durch die politische Struktur und Gesellschaft, Einwanderung und bauliche Infrastruktur, das Familienleben und Hygiene sowie die Kölner Wirtschaft geführt – mithilfe vieler Karten gelingt das trotz straffer Kürze sehr gut.

Es folgen Oberkapitel zu Politik, Religion und Kultur, die die verschiedenen Aspekte betrachten. Berücksichtigt werden dabei auch die Forschungsergebnisse der Klimageschichte. Auch wenn diese Oberkapitel anders bezeichnet sind, bleibt Chaix dieser Aufteilung auch für die zweite Jahrhunderthälfte treu. Auch seinen zügigen und verständlichen Stil behält er bei. Überblickspassagen werden (unnötigerweise) zwei Schriftgrößen größer gedruckt als der restliche Text und bei einigen Themen, wie Hermann Weinsberg oder den Darstellungen über die kirchlichen Institutionen hätte man durchaus weiter ins Detail gehen können ohne dem Lesevergnügen abträglich zu sein. In den Überblicken werden die verschiedenen gesellschaftlichen und strukturellen Ebenen mit den Kapiteln verbunden ohne das ein Gefühl der Wiederholung aufkommt. Chaix schließt mit der Zusammenfassung mit dem eingangs zitierten Titel: “Ein Jahrhundert zwischen spannender Geschichte und lebendiger Erinnerung” und widmet sich noch einmal explizit der bereits im Vorwort gestellten “Scribner-Frage”, warum es in Köln keine Reformation gab. Dabei fasst er den Forschungsstand nicht nur zusammen, sondern zeigt, wie die Konfessionsfrage in diesem von der älteren Forschung häufig als Präludium des Dreißigjährigen Krieges interpretierten Zeitraum in Köln ebenso diskutiert wurde wie in anderen Städten. Dabei zeichnet er bewusst das Bild einer lebendigen und offenen Stadt, die mehr Spielräume und Freiheiten zuließ als bisher angenommen.

Die erwähnte Überschrift trifft hier nicht nur auf den Zeitraum, sondern auch die Herangehensweise an diesen Band zu: Denn er ist spannend und lebendig geschrieben. Jeden der bisher erschienen Bände der Reihe “Geschichte der Stadt Köln” zeichnet ein hohes wissenschaftliches Niveau bei gleichzeitiger allgemeiner Verständlichkeit aus. Doch beim vorliegenden Band von Chaix ist das ganz besonders der Fall: Da dieser Zeitabschnitt die Geschichte und das Selbstbild der Stadt entscheidend formte, ist dieser Band für Interessierte an der Kölner Stadtgeschichte besonders relevant – zumal hier in den letzten Jahrzehnten der Stadtgeschichtsforschung viele Aspekte diskutiert und neubewertet werden. Die 402 Seiten Text sind mit über 100 Abbildungen ausgesprochen angenehm zu lesen; die zahlreichen verschiedenen Themen sind kurz und auf den Punkt aufgearbeitet. Als besondere Zugabe enthält der Band den berühmten Stadtplan von Arnold Mercator von 1570/71. Daher eignet sich dieser Band auch für Menschen ohne geschichtswissenschaftlichen Hintergrund, unter anderem, weil vor jedem thematischen Kapitel eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Elemente erfolgt. Für diejenigen mit entsprechendem Vorwissen sei gesagt: Es ist die Darstellung geworden, die wir uns für diesen Zeitraum der Kölner Stadtgeschichte gewünscht  haben, daher lohnt sich die Anschaffung dieses Bandes auch außerhalb der 13-Bändigen Reihe.

 

Gérald Chaix: Köln im Zeitalter von Reformation und Katholischer Reform 1512/13–1610 (Geschichte der Stadt Köln 5), Greven Verlag, Köln 2021, 504 S. ISBN978-3-7743-0446-8

 

Zitierweise:
Hermel, Jochen: Rezension zu “Köln im Zeitalter von Reformation und Katholischer Reform (Geschichte der Stadt Köln; Band 5)”, in: Histrhen. Rheinische Geschichte  wissenschaftlich bloggen, 01.01.2024, http://histrhen.landesgeschichte.eu/2024/01/rezension-koeln-reformation-hermel

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Jochen Hermel

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