Im März 2022 geht an der Universität von Köln ein neues Projekt an den Start: „Beginen in Köln: Sozialgeschichte urbaner Frömmigkeit vom 13. bis zum 15. Jahrhundert“. Dabei handelt es sich um ein Pilotprojekt, in dessen Rahmen eine umfassende Monographie zu den Kölner Beginen des Mittelalters und eine Datenbank mit 2100 Datensätzen zu namentlich bekannten Beginen entstehen werden. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert.
Beginen waren fromme Frauen, die außerhalb der Klöster und ohne Klausur ein eheloses Leben in Gebet und Kontemplation führten. Seit dem frühen 13. Jahrhundert lebten sie in zahlreichen Städten des deutschen Sprachgebiets und in Flandern. Köln war ein Hauptort beginalen Lebens. Sie lebten in eigenen Häusern, allein oder mit Freundinnen oder Verwandten, und auch in Konventen. Solche Beginenkonvente entstanden oft durch bürgerliche Stiftungen und beherbergten kleine Gemeinschaften; häufig war es die apostolische Zwölfzahl.
In Köln ist mit den Schreinsbüchern eine Quellengruppe erhalten, in denen Immobiliengeschäfte festgehalten wurden. Dort findet man auch Stiftungseinträge von Beginenkonventen. Überaus zahlreich sind zudem Verkäufe durch Erbengemeinschaften, zu denen auch Beginen gehörten. Mit Hilfe der Schreinsbücher sowie zahlreicher Urkunden und Testamente war es möglich, über 2100 Beginen nachzuweisen. In vielen Fällen liegen auch Informationen über ihre Familienangehörigen vor. Diese Daten sollen die Grundlage einer grundlegenden Sozialgeschichte der Kölner Beginen bilden, eine Untersuchung, die in keiner anderen Stadt auf einer so breiten Datenbasis möglich ist, denn in Köln lebte die wohl größte „Beginenkolonie“ Europas.
Die dichte und facettenreiche Überlieferung der Stadt bildet ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. Auf dieser Basis können Untersuchungen zur wirtschaftlich-sozialen Stellung der Beginen und ihrer Familien durchgeführt werden, die in anderen Städten nur begrenzt möglich sind. Die Rolle der Beginen in der urbanen Wirtschaft, ihre Beteiligung am Immobilien- und Rentenmarkt, ihr Verhältnis zu Welt- und Ordensklerus, die Bedeutung ihrer Konvente für die urbane Frömmigkeit und ihre Anbindungen an die Institutionen der städtischen Fürsorge – diese und weitere Aspekte wird das Projekt umfassend und detailreich untersuchen.
Das Projekt entsteht unter Leitung von Dr. Letha Böhringer, die in über zwanzig Jahren die Daten erarbeitete, mehrere Aufsätze veröffentlichte und nun für die Monographie verantwortlich ist, in Zusammenarbeit mit Jan Bigalke vom Cologne Center for eHumanities, der die Daten bearbeitet, so dass in eine im Internet verfügbare und anschlussfähige Datenbank zur Verfügung stehen wird. In den nächsten drei Jahren wird das Projekt auf diesem Blog weiter darüber berichten.
Nach der Veröffentlichung dieses Beitrags produzierte der Deutschlandfunk ein Interview zu diesem Thema.
[Nachtrag am 12.05.2022]