1

zeit.punktNRW

Ende 2022 lief die zweite Förderphase des vom  nordrhein-westfälischen Miniisteriums für Kultur und Wissenschaft gefördeten Landesprojektes zur Zeitungsdigitalisierung[1] aus. Aus diesem Anlass sollen die bisher erzielten Projektergebnisse aus rheinischer Perspektive dargestellt und die noch ausstehenden Arbeiten skizziert werden.

Betrachten wir zunächst die Gesamtzahlen:
In den vergangenen drei Jahren ist das Portal um weitere 7.800.000 Seiten angewachsen. Grundlage der Digitalisierung war wie in der ersten Förderphase (2017-2019)  der Mikrofilm insgesamt wurden innerhalb von 36 Monaten in den beiden Digitalisierungsstätten in Münster und Brauweiler 4.602 Mikrofilme aus nordrhein-westfälischen Gedächtniseinrichtungen, in der Regel kommunale Archive, gescannt. Dazu kam die Digitalisierung von Mikrofiches aus 13 rheinischen und westfälischen Archiven durch einen hessischen Dienstleister.

Eine wesentliche qualitative Erweiterung des Portals war die Einführung der Texterkennung. Diese erfolgt seit 2020 mit der Software Transkribus. In diesem Zusammenhang sind auch im Herbst 2021 die Suchmöglichkeiten im Portal geändert worden. Basis der Recherche sind nicht mehr die Katalogdaten, sondern die Volltexte. Die Volltextsuche ist auf der Eingangsseite des Portals sichtbar. Um große Treffermengen einzuschränken, kann man nach Verbreitungsorten und Zeiträumen facettieren und so zu übersichtlichen Suchergebnissen gelangen. Die recherchierten Volltexte können als Textdateien wie auch im xml-Formatheruntergeladen werden.

Die Benutzung des Zeitungsportals ist seit Herbst 2021 aufgrund der Einführung der Volltexterkennung und der verbesserten Suchmöglichkeiten angestiegen. Die Zahl der Besucher lag 2022 bei 525.901 und somit ungefähr doppelt so hoch wie 2021! 

2023 hat eine neue, wiederum dreijährige Förderphase des Projektes begonnen. Auch in den nächsten drei Jahren wird die Mikrofilmdigitalisierung im Zentrum des Projektes stehen. In Münster und Brauweiler sollen ca. 2.000 weitere Master- und Duplikatfilme digitalisiert werden. Insgesamt dürfte dadurch das Portal um weitere gut 2.400.000 Seiten anwachsen. Von 2023 bis 2025 werden zusätzlich über einen Dienstleister ca. 750 Masterfilme historischer Zeitungen mit ca. 1.650.000 Seiten digitalisiert, die im Rahmen der Bundessicherungsverfilmung erstellt wurden und im Barbarastollen im Schwarzwald eingelagert sind. 

Neben der Mikrofilmdigitalisierung wird in der dritten Förderphase die Direktdigitalisierung historischer Zeitungen forciert. In Nordrhein-Westfalen liegen zahlreiche Zeitungen noch unverfilmt vor, d.h. die Digitalisierung muss bei diesen Titeln vom Original erfolgen. In den nächsten drei Jahren ist die Digitalisierung von ca. 1.000.000 Seiten vom Original vorgesehen. 2025, am Ende der dritten Förderphase, dürfte das Portal damit ca. 20.500.000 – 21.000.000 Seiten enthalten. 

Wie sehen nun die verbleibenden Mengengerüste aus? Ende 2022 enthielt das Portal 15.619.117 Seiten, darunter ca. 7.850.000 Seiten rheinischer und ca. 7.750.000 Seiten westfälischer Zeitungen. Die im Moment vorliegenden Zahlen deuten auf ein Übergewicht rheinischer Zeitungen am Ende der dritten Förderphase bzw. gegen Projektende hin. Bei der Filmdigitalisierung dürften von den 2.400.000 Seiten gut 2.000.000 Seiten auf rheinische Zeitungen entfallen, nur 400.000 auf Westfalen. Bei den Filmen im Barbarastollen ergibt sich ein Mengenverhältnis von 3:1 zugunsten rheinischer Zeitungen, das heißt ca. 2.400.000 Seiten rheinischer Zeitungen stehen etwa 800.000 westfälische Zeitungsseiten gegenüber. Noch nicht einbezogen in die Kalkulation sind weitere 1.100.000 Seiten Kölner Zeitungen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, für deren Digitalisierung die ULB und die USB Köln ein DFG-Projekt anstreben. Lediglich bei der Direktdigitalisierung lassen die bisher gemeldeten Mengengerüste ein westfälisches Übergewicht erkennen. Allerdings stehen hier noch viele Rückmeldungen rheinischer Archive und Bibliotheken aus.

Schauen wir uns die verbleibenden Mengengerüste näher an: Ein relativ genaues Bild ergibt sich für die Zeitungen der rheinischen Großstädte. Abgesehen von den NS-Zeitungen, etwa den verschiedenen Lokal- und Regionalausgaben des „Westdeutschen Beobachters“, der „National-Zeitung“, der „Rheinischen Landeszeitung“ und den vielen „Volksparolen“, deren Digitalisierung zunächst aus rechtlichen und pragmatischen Gründen zurückgestellt worden war und die jetzt in das Projekt aufgenommen werden, sind die Zeitungen fast aller großen rheinischen Großstadtkommunen in das Projekt einbezogen worden. Eine sehr gute Abdeckung konnte bisher für Aachen, Duisburg, Essen, Oberhausen, Remscheid und Solingen erreicht werden. Hier sind fast alle Zeitungen, für die Mikrofilme vorliegen, digitalisiert worden. Bei anderen Großstädten bestehen noch kleinere und größere Lücken. In Bonn beispielsweise fehlen noch die Jahrgänge 1878-1916 der „Deutschen Reichszeitung“ mit einem geschätzten Umfang von ca. 150.000 Seiten sowie das „Morgenblatt der Bonner Zeitung“ (1884-1890, ca. 8.000 Seiten), in Krefeld die „Krefelder Zeitung“ (wird in der ULB Bonn vom Original digitalisiert), aus Mönchengladbach gut 200.000 Seiten (vor allem „Rheydter Zeitung“ und „Gladbacher Zeitung“) und aus Düren bis zu 300.000 Seiten („Dürener Anzeiger“, „Dürener Volkszeitung“, „Dürener Zeitung“).

Sehr große Lücken bestehen allerdings bei drei weiteren rheinischen Städten: Wuppertal ist im Rahmen des Projektes noch kaum berücksichtigt worden. Bisher sind nur wenige Barmener und Elberfelder Zeitungen online gestellt worden, wobei häufig Masterfilme der ULB Bonn als Digitalisierungsgrundlage dienten. Das Stadtarchiv Wuppertal besitzt zwar einen umfangreichen Mikrofilmbestand. Bei diesen handelt es sich aber fast ausschließlich um Duplikatfilme (Benutzungsfilme), die bisher im Rahmen des Projektes nicht berücksichtigt worden sind. Bei zahlreichen weiteren Zeitungen befinden sich die Masterfilme im Barbarastollen. Das ausstehende Mengengerüst ist mit mehr als 1.500.000 Seiten erheblich. Es fehlen umfangreiche Blätter wie etwa die „Elberfelder Zeitung“, der „Generalanzeiger für Barmen-Elberfeld“ bzw. als Fortsetzung der „Generalanzeiger für Wuppertal und Umgebung“, die „Wuppertaler Zeitung“, die Zeitung „Täglicher Anzeiger für Berg und Mark“ sowie Zeitungen aus heutigen Ortsteilen, etwa die „Barmer Zeitung“ und der „Barmer Anzeiger“, die „Ronsdorfer Zeitung“, der „Cronenberger Anzeiger“ und die „Cronenberger Zeitung“. Die Digitalisierung der Wuppertaler Zeitungen wird in der dritten Förderphase beginnen – sowohl von den Duplikatfilmen des Archivs als auch von den Masterfilmen im Stollen – es ist aber schon jetzt absehbar, dass sie in der dritten Förderphase nicht abgeschlossen sein wird.  

Eine weitere große Baustelle ist Köln. Dabei ist die Stadt schon jetzt (Stand: 05.05.2023) mit 69 Zeitungstiteln im Portal vertreten und auch das umfangreichste und benutzungsstärkste Blatt, die „Kölnische Zeitung“, stammt aus Köln. Wie oben geschrieben, fehlen trotzdem noch wichtige Zeitungen mit ca. 1.100.000 Seiten im Portal. Es sind vor allem Blätter, die das politische Spektrum von ganz links nach ganz rechts abdecken: „Kölnische Volkszeitung“ / Zentrum (1840-1941, ca. 260.000 Seiten), „Rheinische Zeitung“ / SPD (1892-1933, ca. 98.000 Seiten), „Die sozialistische Republik“ / KPD (1920 – 1933, ca. 29.000 Seiten), das „Kölner Tageblatt“ / liberal (1880 – 1942, ca. 209.000 Seiten) sowie das NSDAP-Blatt „Westdeutscher Beobachter“ (1925-1935, ca. 73.000 Seiten). Dazu kommt – außerhalb der Parteipresse – der „Kölner Stadt-Anzeiger“, der unter verschiedenen Titeln und Verlaufsformen zwischen 1876 und 1945 in Köln erschienen ist. Der Umfang dieser Zeitung ist mit mehr als 400.000 Seiten enorm.

Auch bei den Zeitungen aus Düsseldorf bestehen noch größere Lücken. Die „Düsseldorfer Zeitung“ ist in den letzten Jahren von der ULB Düsseldorf vom Original digitalisiert worden. Die entsprechenden Dateien müssen aber noch bearbeitet und freigegeben werden. Darüber hinaus befinden sich zurzeit weitere Düsseldorfer Zeitungen im Umfang von ca. 550.000 Seiten im Digitalisierungsprozess. Es ist damit zu rechnen, dass die noch fehlenden Düsseldorfer Zeitungen bis spätestens Ende 2024 nicht nur digitalisiert, sondern auch strukturiert und freigegeben sein werden. 

Deutlich unübersichtlicher als bei den Großstadtkommunen ist das noch ausstehende Mengengerüst bei den kleineren Städten und Gemeinden. Digitalisiert werden sollen in den nächsten Jahren immerhin noch Zeitungen aus Bad Münstereifel, Brühl, Eschweiler, Euskirchen, Frechen, Geilenkirchen, Hennef, Jülich, Kalkar, Kevelaer, Kleve, Neuss, Rheinberg, Siegburg, Wermelskirchen, Wesel und Xanten. Bei der Direktdigitalisierung noch nicht verfilmter Zeitungen ergeben sich nach den bisherigen Rückmeldungen jeweils dreistellige Bandzahlen für Aachen, Essen und Mönchengladbach. 

Nach der dritten Förderphase läuft das Projekt nach ursprünglicher Planung noch ein Jahr weiter bis Ende 2026. Es ist aber schon jetzt abzusehen, dass dieses zehnte Projektjahr nicht ausreichen wird, alle bis Ende 2025 noch nicht in das Projekt einbezogenen historischen Zeitungen vom Film oder vom Original zu digitalisieren und online zu stellen. Dies gilt sowohl für das Gesamtprojekt als auch für das rheinische Teilprojekt. Das verbleibende Mengengerüst an Filmen im Barbarastollen sowie an Originalbänden ist zu groß, um es allein in einem zehnten Projektjahr bearbeiten zu können. Eine Verlängerung des Projektes über 2026 hinaus ist daher angesichts der dargestellten Lücken – ein wichtiges und dringendes Desiderat, damit alle relevanten und verfügbaren Titel und Ausgaben in das Projekt einbezogen werden können, das Portal somit die nordrhein-westfälische historische Zeitungslandschaft möglichst vollständig abdeckt und die Nutzer des Portals keine sie interessierenden Titel vermissen.


[1] Das nordrhein-westfälische Zeitungsportal zeit.punktNRW online unter https://zeitpunkt.nrw/. Zusätzliche Informationen zum Start des Portals 2017 in: Herkenhoff, Michael: “Nordrhein-Westfälisches Zeitungsportal freigeschaltet”, in: Histrhen. Rheinische Geschichte wissenschaftlich bloggen, 09.07.2018, http://histrhen.landesgeschichte.eu/2018/07/zeitungsportal-nrw/ (Links abgerufen am 10.05.2023).

 

Zitierweise
Herkenhoff, Michael: zeit.punktNRW. Eine Zwischenbilanz aus rheinischer Sicht, in: Histrhen. Rheinische Geschichte wissenschaftlich bloggen, 17.05.2023, http://histrhen.landesgeschichte.eu/2023/05/zeit-punktnrw