Ein unvergleichliches Bild der rheinischen (Wein)Landschaft
Vortrag von: Dr. Daniel Deckers, Frankfurt a. M.
Vor gut 200 Jahren wurde die Niederlage Frankreichs in den Befreiungskriegen auch in kartographischer Hinsicht besiegelt: Im Dezember 1816 händigten die Franzosen den preußischen Siegern die letzten Blätter eines umfangreichen Kartenwerks aus, das Napoleon selbst in Auftrag gegeben hatte. Die Offiziere unter Leitung des Obersten Jean- Joseph Tranchot arbeiteten gründlich – so gründlich, dass sie bis 1814 längst nicht so weit gekommen waren, wie Napoleon es verlangt hatte.
Die Preußen verloren keine Zeit. Auf Anweisung des späteren Generalfeldmarschalls Karl von Müffling wurden die fehlenden Territorien links des Rheins vermessen und entsprechende Karten gezeichnet. Um 1828 war die erste moderne topographische „Landesaufnahme“ abgeschlossen. Die Öffentlichkeit bekam diese Karten nicht zu sehen. Die Ergebnisse der Landesaufnahme dienten fast ausschließlich militärischen Zwecken und waren deshalb nur dem Preußischen Generalstab zugänglich.
In den siebziger Jahren wurden diese Karten nachgedruckt, manche kann man inzwischen auch im Internet ansehen. Sie werden wegen ihrer Schönheit gerühmt und sind eine wichtige Quelle für die naturräumliche Gliederung, das Straßennetz, die Siedlungsstruktur oder auch die Bodennutzung vor 200 Jahren.
Und schaut man genau hin, dann kann man sehen, was die wenigsten bisher gesehen haben, und die, die es gesehen haben, für nicht so wichtig hielten, dass man darüber hätte reden oder schreiben sollen: In dem Kartenwerk ist auch der Umfang der Weinberge vor 200 Jahren erkennbar. Anders gesagt: Die französisch-preußische Landesaufnahme der Jahre 1804-1828 ist das älteste topographische Kartenwerk weltweit, das auch die Weinkultur berücksichtigt. Und das am Rhein, an der Ahr, an der Mosel und an der Nahe, sogar im seit 1815 nassauischen Rheingau.
Dr. Daniel Deckers, FAZ-Redakteur und Lehrbeauftragter an der Hochschule Geisenheim für Geschichte des Weinbaus und Weinhandels, zeichnet in seinem Vortrag die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Tranchot-Müfflingschen Kartenwerkes nach.[1] Ein Teil der zeitgenössischen Quellen, die Aufschluss über die Entstehung der französisch-preußischen Landesaufnahme geben, stammt aus den Beständen des Landeshauptarchivs Koblenz und wird an diesem Abend zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert.
Der Eintritt ist frei. Auch Nichtmitglieder des VGKM sind herzlich willkommen! Weitere Informationen zu den öffentlichen Veranstaltungen des VGKM an jedem ersten Dienstag im Monat finden Sie unter www.landeshauptarchiv.de und www.vgkm.de [Diese Links zum Verein sind erloschen, Anm. d. Red. 12.12.2022]. Im Anschluss an den Vortrag wird es ab 19:30 Uhr eine Gesprächsrunde im Café – Restaurant „Adaccio“, Firmungsstraße 2/Josef-Görres-Platz geben.
Dienstag, 6. Juni 2017
18.00-19:30 Uhr (Eintritt frei)
Landeshauptarchiv Koblenz
Karmeliterstraße 1-3, 56068 Koblenz
[1] dazu: Deckers, Daniel: Napoleons Vermächtnis, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.12.2016.