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Zwischen Kunstkonstrukt und der Tradition historischer Landschaften: Der NSDAP-Gau „Moselland“ unter Gustav Simon

Gauleiter Gustav Simon. Bild entnommen aus: Der Großdeutsche Reichstag 1938. IV. Wahlperiode (nach dem 30. Januar 1933), Berlin 1938. Herausgegeben von E. Kienast, S. 541.

Am 28. September 1940, viereinhalb Monate nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Luxemburg, hielt der nun für das einstige Großherzogtum zuständige NSDAP-Politiker Gustav Simon eine programmatische Rede in dem früheren Kleinstaat. Inhaltlich ging es um die Zukunft Luxemburgs. Zur Rechtfertigung der Zukunft griff Simon auf die Vergangenheit zurück: Luxemburg sollte ein Teil Deutschlands werden – eigentlich sei es ja immer ein Teil Deutschlands gewesen. Die NS-Presse berichtete am Tag danach von Simons Rede:

„Luxemburg sei ein urdeutsches Land und müsse […] seiner ursprünglichen Bestimmung gemäß dorthin zurückkehren, wohin es seine Stammeszugehörigkeit weise. […] Die Luxemburger hätten keine eigene Nationalität gehabt. Sie seien nur ein deutscher Stamm, wie es viele solcher Stämme in Deutschland gebe. Der Schöpfer habe die Luxemburger als Deutsche mit deutschem Blute geschaffen, und diese Tatsache müßten die Luxemburger durch ihre Rückkehr ins Reich rückhaltlos anerkennen.“[1]

Was hier anklang war ein wichtiger Bestandteil nationalsozialistischer Raumplanung und Geschichtspolitik. Konkret für das Zuständigkeitsgebiet Simons war es eine Expansion und der scheinbare Höhe- und vorzeitige Endpunkt der Identitätsfindung. Was sich komplex lesen mag, war in der Tat eine schwierige Mischung aus zentralen Bestandteilen der nationalsozialistischen Ideologie, des Macht- und Geltungsdranges nationalsozialistischer Parteiführer und strukturhistorischer Dynamiken der NS-Mittelinstanz. Das Produkt, welches Simon erschaffen wollte, war der NSDAP-Gau „Moselland“. Die Gaue waren im Nationalsozialismus die Gliederungsebene der Mittelinstanz, besaßen dabei aber einen solch großen Spielraum, dass er nach oben hin lediglich von Adolf Hitler persönlich beschränkt wurde. Dieser Beitrag soll die Strukturgeschichte einer dieser Gaue näher in den Blick nehmen, nämlich Simons Gau Moselland.

Forschungsziel des Beitrags ist es, die Strukturgeschichte des Gaues nachzuvollziehen und in die allgemeine, übergeordnete Geschichte der NSDAP-Gaue einzureihen. Der Forschungsstand zum Moselland und seiner Einzelteile ist dabei bislang selbst im weitesten Sinne sehr dürftig. Es gibt einen im LVR-Portal erschienenen Beitrag als allgemeine Einführung, der in 15 Absätzen einen groben Überblick über Gau und Gauleiter gibt.[2] Einige wenige Publikationen liegen zu den westdeutschen Gauen und ihren internen Zusammenhängen vor, zu denen auch der Gau Moselland beziehungsweise seine Ausgangsbasis des Parteibezirks Koblenz-Trier gehörte.[3] Hinzu kommen Publikationen, die sich mit Teilen des (späteren) Gaues befassen, etwa mit Luxemburgs Vereinnahmung ab 1940.[4] Zudem sind die wenigen vorliegenden Studien über den Gauleiter des Mosellands zentral zum Verständnis des Gaues.[5]

Eine Forschungslücke konkret zur Strukturgeschichte des Gaues Moselland ist also gegeben, zumal bei zeitweise 44 Gauen nur sechs mit einem faktisch annektierten „CdZ-Gebiet“ („Chef der Zivilverwaltung“) wie Luxemburg existierten, und alle sechs lediglich in Ansätzen erforscht sind. Eine Betrachtung einer dieser Gaue gibt wichtige Hinweise und Vergleichsmöglichkeiten zum Verständnis und der Erforschung der anderen fünf entsprechenden Gaue; in einem weiteren Schritt ist es ein wichtiger Beitrag zur aktuell rasant voranschreitenden Gau- und Gauleiterforschung. Auch und gerade für das Verstehen der noch völlig unzureichend erforschten Pläne der Reichsreform, die nach einem siegreichen Krieg umgesetzt werden sollte, und bei der (wie erstmals im Saarland 1935 und Hamburg 1938) Gau- und Staatsebene zusammengelegt werden sollten,[6] ist die strukturelle Eigenständigkeit des Mosellands sehr relevant für die Forschung. Der Quellenstand für einen solchen Beitrag ist mit diversen Archivalien (vor allem in Koblenz und Luxemburg) ebenfalls gegeben; es muss „nur“ endlich angegangen werden.

Dazu gliedert sich dieser Beitrag nach der Einführung in zwei Kapitel. Ein erstes kurzes Kapitel betrachtet allgemein die Gaue und Gauleiter im Nationalsozialismus, um das sehr spezifische Thema eines einzelnen Gaues besser einordnen und verstehen zu können. Ein zweites längeres Kapitel befasst sich chronologisch mit der Strukturgeschichte des Gaues Moselland: Das erste Unterkapitel geht auf den Ausgangspunkt des Gaues in Form des Bezirks Koblenz-Trier bis 1931 ein; das zweite Unterkapitel auf die Zeit als Gau Koblenz-Trier bis 1940; das dritte Unterkapitel auf die Erweiterung um Luxemburg und der dabei erfolgte Ausbau zum Gau Moselland bis 1944/1945. Ein kurzer Ausblick fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen und gibt Anstöße zur weiteren Erforschung der fünf Gaue, die dem Moselgau strukturell besonders ähnlich waren, aber nur wenig bis unzureichend erforscht sind.

1. Gaue und Gauleiter im Nationalsozialismus

Die Gaue der NSDAP stellten die Verbände der Mittelinstanz der Partei dar. Formal betrachtet waren sie also Parteiverbände zwischen der Zentrale in München und den kleinräumigeren Organisationseinheiten der Partei (Bezirk, Kreis, Ortsgruppe und so weiter). Zentrales Merkmal der Gaue war, dass ihre Vorsitzenden (die „Gauleiter“) gemäß „Führerprinzip“ nur Hitler als „Führer“ der Partei unterstellt waren und ihrerseits nach unten hin im gleichen Verhältnis verfügen konnten wie Hitler. Zudem ließ Hitler seinen Gauleitern sehr große Freiheit in der Ausübung ihres Amtes; in der Regel griff er nur ein, wenn er dazu unmittelbar gezwungen war und/oder eigene zentrale Anliegen gefährdet waren.[7]

Diese Ballung von umfassenden Kompetenzen bei gleichzeitig großer Erwartungshaltung Hitlers und weitgehend freier Hand führte dazu, dass die Gauleiter als eine Art „Führer der Provinz“ (Michael Kißener/Joachim Scholtyseck) in die Geschichte des Nationalsozialismus eingingen. Wenige Umschreibungen benennen sie so deutlich; weitere kreative zeitgenössische Bezeichnungen wie auch von der Forschung formulierte Namen wie „Vizekönige“ oder „politische Generale“ spielen stets auf die herausragende Position im Gau an,[8] und dies nicht grundlos.

Das ist gerade ein großer Unterschied zu einer anderen Spitzengruppe der Nationalsozialisten. Die erste Führungsreihe der Partei wurde von Persönlichkeiten wie Hitler oder Hermann Göring dominiert, während die zweite Führungsreihe von Gauleitern geprägt war. Es gab aber auch noch die sogenannten Reichsleiter. Der Begriff könnte verwundern: Der Namensbestandteil „Reich“ suggeriert eine reichsweite Kompetenz für etwas. Und tatsächlich waren die Reichsleiter der Partei zuständig für bestimmte Themenkomplexe – und zwar im gesamten Reich. So gab es beispielsweise einen Reichsleiter für Kolonialpolitik, für Agrarpolitik oder auch für die Jugend. Es handelte sich also um (theoretisch) recht genaue Politikfelder, für der betreffende Reichsleiter der zentrale Ansprechpartner der Partei sein sollte. Meistens hatten die Reichsleiter aber mit aufreibenden Konkurrenzkämpfen mit anderen Institutionen umzugehen, darunter Hitlers Reichsregierung, anderen Reichsleitern und nicht zuletzt den Gauleitern. Nur wenige Reichsleiter wie Heinrich Himmler (SS und Polizei) oder Joseph Goebbels (Propaganda, zugleich aber Gauleiter von Berlin) konnten sich nachhaltig durchsetzen. Reichsleiter wie der Reichsbauernführer Walther Darré mussten bei der Umsetzung ihrer Politik entweder auf der Reichsebene agieren oder vor Ort (also in den Gauen) mit den Gauleitern zusammenarbeiten.

Die Reichsleiter waren also für eng umschränkte Bereiche zuständig, die sie nur eingeschränkt bearbeiten konnten. Die Gauleiter hingegen waren innerhalb ihres Gaues für beinahe alle politischen Fragen zuständig: Personalpolitik, Wahlkämpfe, Koordinierung des Unterbaus der Partei, Kontakt zur Reichsleitung München, Zusammenarbeit mit Reichsleitern und ihren Vertretern im Gau, Kommunalpolitik und vieles weitere. Zudem gab es zwischen Reichs- und Gauleitern keinen strukturellen Instanzenzug; die Reichsleiter unterstanden Hitler und die Gauleiter unterstanden ebenfalls Hitler, was dazu führte, dass beide in der Parteihierarchie eher unvermittelt nebeneinander existierten als untereinander.

Es handelte sich bei den Gauleitern also um einzigartige Institutionen der NSDAP, die integraler Bestandteil der Struktur der Partei und für das Funktionieren der Herrschaft als solcher unumgänglich waren. Die NSDAP-Gaue bestanden aber nicht von Beginn der Partei an, sondern entwickelten sich Schritt für Schritt aus Ortsgruppen, Kreisen, Gauverbänden anderer völkischer Parteien und weiterem. Zwar hatten sich die Strukturen bis 1928/1929 relativ deutlich ausgebildet, aber die Gaue und ihre Bedeutungen wuchsen und veränderten sich weiter. Gerade am Gau Moselland kann das gut beobachtet werden, wie nachfolgend gezeigt wird: (Spätestens) Mit der reichsweiten „Machtergreifung“ errangen die Gauleiter auch die staatliche Macht im jeweiligen Territorium, und durch die Expansion des Reiches kamen neue Gaue hinzu und wurden bestehende Gaue vergrößert.

Reichskarte der NSDAP von 1943 inklusive Einteilung der Gaue mit „CdZ-Gebieten“, Generalgouvernement und Protektorat, aber noch ohne die „Operationszonen“. Karte entnommen aus: Organisationsbuch der NSDAP, 3. Auflage, München 1943. Herausgegeben vom Reichsorganisationsleiter der NSDAP, S. 85.

2. Der lange Weg des Konstruktes „Moselland“

2.1. Ausgangspunkt NSDAP-Bezirk Koblenz-Trier bis 1931

Wie die meisten Gaue entstand auch der spätere Gau Koblenz-Trier aus vorherigen Organisationseinheiten der Partei, hier also konkret der Gliederungsebene des Parteibezirks. Und wie bei den meisten Gauen und ihren Vorläuferkonstukten ist es auch beim Bezirk Koblenz-Trier nur sehr eingeschränkt möglich, von einem tatsächlichen Gründungsdatum zu sprechen. Die NSDAP war bis 1925 nur eine völkische Splittergruppierung unter anderen, paktierte mal mit anderen rechtsextremen Organisationen, vermischte sich mit ihnen, stieß andere ab und sog wieder andere auf. Ein „reiner“ NSDAP-Bezirk im Gebiet Koblenz-Trier existierte also bis 1925 nicht. Als 1925 der tatsächlich „rein“ nationalsozialistische Gau Rheinland-Süd gegründet wurde, konnte aber im Gebiet von Koblenz-Trier auf Ortsgruppen, Kreise und Bezirke zurückgegriffen werden. Gauleiter dieses von Köln aus geleiteten Gaues war zuerst Heinz Haake, dann Robert Ley.[9] Hier lag bereits Konflikt- wie Abgrenzungspotential: Die Rheinmetropole Köln lag aus Sicht des ländlichen Südteils des Rheinlandes weit weg.

Simon, der spätere Gauleiter des Mosellands, war 1925 noch im Studium und parteipolitisch auf der Ebene der Ortsgruppen und Hochschulgruppen aktiv. 1928 konnte er zum Bezirksleiter von Trier-Birkenfeld aufsteigen, der 1929 zum Bezirk Koblenz-Trier erweitert wurde.[10] Der Bezirk nahm damit das Gebiet des Reichstagswahlkreises Koblenz-Trier ein und machte territorial die Hälfte des Gaues aus. Problem und Streitpunkt zwischen Bezirk und Gau war die Autonomie, die ersterer beanspruchte, während zweiterer sich als höher liegende Ebene im Recht sah, gemäß „Führerprinzip“ den Vorrang auszuüben. Die Wurzeln dieses Konflikts liegen in vielfältigen Umständen: Simon konnte zurecht auf seine Erfolge in der Organisation und Festigung der Parteistrukturen in seinem Bezirk verweisen; der Gau Rheinland[11] war verglichen mit anderen Gauen von einer enormen Größe sowie Unbeweglichkeit und für eine spätere Teilung geradezu ideal; Köln ließ den Untergliederungen des Gaues große Freiheit in ihrer Arbeit und nahm dies auch zum Anlass, selbst nur wenig nachzuhelfen mit Personal, Material und (vor allem) Geld;[12] nicht zuletzt waren die Unterschiede zwischen Simons Bezirk im Süden und dem Nordteil des Gaues hinsichtlich Geografie und Demografie kaum von der Hand zu weisen. Wer heute im Jahre 2023 über die Grenze der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen fährt kann das nach wie vor beobachten.

Die Konflikte jedenfalls zwischen Simon und Ley nahmen immer weiter zu und erreichten Anfang 1931 ihren Höhepunkt. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war ein klassischer Gaukonflikt um Finanzen, Verantwortungen und Organisationsfragen von Parteipresse, an der sich Parteifunktionäre häufig privat engagierten und bereicherten. Ein solcher Fall kochte zwischen Simon und Ley so sehr hoch, dass München (unfreiwillig) belangt und zur Entscheidung gezwungen wurde. Als formaler Vorwand wurde seitens München dabei angeführt, dass es bei vielen Gauen Maxime gewesen sei, sie anhand der Reichstagswahlkreise zu zerlegen, sobald sie genug Mitglieder hätten.[13] Dass gerade das nie konsequent durchgeführt wurde, zeigt den vorgeschobenen Charakter dieser Teilungsrechtfertigung anschaulich an, ging es München doch vorrangig darum, für Ruhe zu sorgen, zumal sich die Partei inzwischen deutlich auf Erfolgskurs wähnte. Streitigkeiten, die die Partei lähmten, hatte es in der Vergangenheit oft genug gegeben.

2.2. Aufwertung zum künstlich geschnittenen Gau 1931–1940

Aus der relativen (auch finanziellen) Autonomie, die der Parteibezirk Koblenz-Trier bis 1931 also besessen hatte (vor allem Abgeordnetenmandate der dortigen Parteifunktionäre, eigene Parteipresseorgane, Rekorde bei Kommunalwahlen sind hier als Gründe zu nennen), wurde damit ein eigener Gau. Für den rheinischen Gauleiter Ley wurde nach internen Absprachen eine gesichtswahrende Lösung gefunden: Er trat als Gauleiter zurück, führte dabei starke Überlastungen an, schlug für einen neu zu schaffenden Gau Koblenz-Trier Simon als Gauleiter vor, und wechselte in die Reichsleitung der Partei nach München. Ley wurde später vor allem bekannt als Reichsorganisationsleiter der Partei und als Reichsleiter der „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF). Im Norden des einstigen Gaues Rheinland wurde Leys Vertrauter, Stellvertreter und Geschäftsführer Josef Grohé Gauleiter des neuen Gaues Köln-Aachen.[14] Das Verhältnis von Ley/Grohé und Simon nach 1931 ist in vielerlei Hinsicht unklar, blieb aber offenbar angespannt.[15] Klar ist aber durch bisherige Forschungen, dass beide versuchten, ihren zwar sinnvoll, aber am Ende doch künstlich geschnittenen rheinischen Gauen Eigenleben und Identität einzuhauchen.

Die strukturellen Probleme des Gaues Koblenz-Trier lagen in Umständen, die nicht von heute auf morgen umgestaltet werden konnten. Erstens war das Rheinland zu drei Vierteln katholisch, während es im Reichsdurchschnitt ein Drittel war.[16] Katholizismus und Nationalsozialismus standen sich ablehnend gegenüber, während das Verhältnis von Protestantismus und Nationalsozialismus größere Überschneidungen und Kompromisse zeitigte. Zweitens war der Gau sehr ländlich geprägt, was dem Nationalsozialismus nicht widersprach oder ihm ein Dorn im Auge war, aber doch zu einer schwierigeren Durchherrschung führte. Zwar war die Landbevölkerung dem Nationalsozialismus eher zugetan als die Stadtbevölkerung, aber ein totalitäres Netz über sie zu spannen war dafür umso komplizierter. Drei Viertel der Gaubevölkerung (1933 immerhin knapp 1,3 Millionen Menschen) lebten in Ortschaften mit weniger als 5.000 Menschen, während gleichzeitig einige wenige größere Städte in Form von Trier und vor allem Koblenz bestanden,[17] der Gau also ländlich geprägt, aber nicht homogen ländlich war.

Beide bislang genannten Probleme – Katholizismus und Ländlichkeit – machten sich im Herrschaftsalltag bemerkbar, so etwa, wenn zur Besetzung der kommunalen Spitzenpositionen in Form der Bürgermeister nicht einmal zur Hälfte auf die Reihen der NSDAP zurückgegriffen werden konnte;[18] oder auch, wenn (Stand 1936) ganze 22 an Verwaltungsgrenzen angelehnte Kreisleitungen bestanden, um den Raum von 11.875 qKm bei durchschnittlich 112 Menschen je qKm organisatorisch abzudecken – im benachbarten, gemischt städtisch-ländlich strukturierten Gau Köln-Aachen waren es bei insgesamt 2,3 Millionen Menschen, 7.104 qKm Fläche und durchschnittlich 322 Personen je qKm lediglich 18 Kreisleitungen. Ein weiterer rheinischer Gau, der städtisch geprägte Gau Essen, besaß 1,9 Millionen Einwohner bei einer Fläche von 2.824 qKm und durchschnittlich 673 Personen je qKm – bei nur neun Kreisleitungen.[19] Die organisatorische Abdeckung des Raumes war für einen rheinischen Gau also besonderen Erfordernissen unterworfen.

Drittes Problem, welches noch komplizierter als die beiden schon genannten war: Lokalidentitäten. Der Nationalsozialismus schwankte mehr oder weniger zwischen einer Art Vereinheitlichung aller Deutschen beziehungsweise derjenigen, die er als Deutsche verstand, und einer Art Pflege von deutschen Traditionen. Konkret beim Gau Koblenz-Trier war dies dahingehend problematisch, dass es eine große Anzahl von Lokalidentitäten gab. Die meisten Menschen des Gaues dürften sich als Rheinländer verstanden haben, aber lokale (Parallel-)Identitäten waren offenbar stark: Koblenzer und Trierer empfanden sich als rheinisch, aber sie waren kleine städtische Inseln in einem ländlichen Umfeld, weit entfernt von dicht besiedelten rheinischen Regionen im Gebiet Köln, Düsseldorf oder dem Ruhrgebiet; je näher an der (immer noch bayerischen) Pfalz, umso mehr Überschneidungen gab es mit pfälzischen Traditionen und Dialekten; die heterogene Eifel schob sich zugleich mit eigenen Dialekten zwischen die „reinen“ Rheinländer im Norden und die Koblenzer, Trierer wie Rheinpfälzer im Süden; Siedlungen um Simmern und dem Hunsrück lassen sich gar keiner dieser Seiten zuordnen; und dann gab es auch noch die Birkenfelder, die formal bis 1937 dem norddeutschen Staat Oldenburg angehörten, sich selbst aber als etwas zwischen Rheinländern und Birkenfeldern verstanden.

Andere Gaue kannten zwar ähnliche Probleme, aber bei den meisten, insbesondere den anderen rheinischen, betraf das keine innere Heterogenität, sondern eine teilweise Homogenität mit anderen Gauen. Oder an einem Beispiel formuliert: Die Gaue Köln-Aachen, Essen und Düsseldorf empfanden sich als rheinische Gaue und mussten deshalb eigene Akzente setzen, die dank größerer innerer Homogenität weniger Probleme aufwiesen als das innerlich stark heterogene Koblenz-Trier. Angesichts dieser Probleme, derer Simon als Gauleiter von Koblenz-Trier nie ganz Herr wurde, kam die spätere Chance 1940 Luxemburg zu vereinnahmen gerade recht. Mit Luxemburg konnte eine völlig neue Geschichtspolitik betrieben werden, die das neue Gesamtkonstrukt mit einer neuen Identität ausstatten würde, und die die bislang hier gezeigten Probleme der Gauidentität Koblenz-Triers wenn nicht lösen, so doch zumindest neutralisieren könnte.

Weitere den Charakter des Gaues verändernde Faktoren kamen hinzu. Die Jahre als Gau Koblenz-Trier zwischen 1931 und 1941 waren vor allem geprägt von der Zeit im „NS-Reich“: Der Gau entstand im Frühjahr 1931 und im Frühjahr 1933 übernahm die NSDAP reichsweit die Macht.[20] Partei und Staat wurden nach der reichsweiten „Machtergreifung“ innerhalb der Grenzen des „Altreiches“ bis auf Ausnahmen im Saarland und Hamburg nicht verschmolzen; auch die angestrebte „Reichsreform“ mit einer Zerlegung der alten Länder und einer Zusammenlegung von Partei- und Staatsfunktionen wurde auf die Zeit nach dem „Endsieg“ verschoben, nicht zuletzt um Ressourcen für den Krieg zu schonen. Dennoch (oder vielleicht auch gerade deshalb) bauten die Gauleiter ihre regionale Macht im „NS-Reich“ weiter aus und konnten so einen Vorrang und eine Dominanz des Parteigaues vor staatlichen Institutionen etablieren. Diese hatte direkte wie indirekte Instrumente der Machtausübung: Direkt vorgegangen werden konnte beispielsweise über die die neue Kommunalverfassung, mit der die Gauleiter auf die Besetzung der Verwaltungsspitzen entscheidenden Einfluss hatten; indirekt über die Belohnung von erwünschtem und die Sanktionierung unerwünschten Verhaltens, wenn etwa die politische Einstellung und Vergangenheit bei Personalentscheidungen mit zu Rate gezogen wurde. Nominell mögen die Gaue auch nach 1933 Parteigliederungen gewesen sein, aber die Dominanz über die staatlichen Einrichtungen war erdrückend. Das ist gerade für Simons Gau Koblenz-Trier von großer Relevanz, war doch die NSDAP im stark katholisch strukturierten und von der Zentrumspartei geprägten südlichen Teil des Rheinlands selbst noch bei der „halb-freien“ Reichstagswahl vom März 1933 nur zweitstärkste Kraft geworden, während sie sonst im Reich durchschlagende Erfolge feierte.

2.3. Erweiterung um das „CdZ-Gebiet“ Luxemburg: Der Gau Moselland 1940–1944/1945

Der Gau Koblenz-Trier befand sich innerhalb der Grenzen des „Altreiches“, also des Bestands des Reiches von 1937. Außerhalb dieser Grenzen wurde ab 1938 anders vorgegangen als im „Altreich“: Die „Reichsreform“ wurde etwa in den polnischen und österreichischen Gebieten vorweggenommen, indem dort Reichsgaue mit Staats- und zugleich Parteikompetenzen etabliert wurden. Diese Gebiete gehörten staatsrechtlich zum Reich; anders war es bei Gebieten wie Luxemburg. Luxemburg war eines der sechs „CdZ-Gebiete“, die sich gerade dadurch auszeichneten, dass sie nicht offiziell-staatsrechtlich annektiert wurden, sondern „nur“ faktisch vereinnahmt wurden.[21] Für den Gau Moselland war das ein strukturellen Problem, denn nunmehr bestand der Gau aus einem früheren Parteigau im „Altreich“ und einem faktisch annektierten und reichsgauähnlichem „CdZ-Gebiet“.

„CdZ“ bedeutete „Chef der Zivilverwaltung“. Die betreffenden Gebiete waren vom Reich militärisch erobert, aber nicht annektiert worden. Dafür erhielten sie staatsrechtlich betrachtet einen „Chef der Zivilverwaltung“ vorgesetzt, dessen einzige Aufgabe die faktische Annexion des Gebiets und Vorbereitung zum späteren „Anschluss“ an das Reichsgebiet war. Der grundsätzlich einzige relevante Unterschied zu einer Annexion wie etwa beim Köln-Aachen zugeschlagenen Gebiet Eupen-Malmédy aus dem Staatsterritorium Belgiens lag darin, dass es nicht offiziell war und die Erreichung der Ziele der Einverleibung bei den Annexionen näher lagen als bei den „CdZ-Gebieten“. Eupen-Malmédy wurde am 18. Mai 1940 per Erlass einfach vereinnahmt mit der Begründung:

„Die […] abgetrennten und Belgien einverleibten Gebiete sind wieder in deutschem Besitz. Innerlich sind sie Deutschland stets verbunden geblieben. Sie sollen daher auch nicht vorübergehend als besetztes Feindesland angesehen und behandelt werden.“[22]

Anders lag die Begründung für die faktische Vereinnahmung Luxemburgs, das demnach noch nicht (wieder) deutsch genug war und erst noch „germanisiert“ werden musste. Nach der Eroberung Luxemburgs und Frankreichs wurden die an die besetzten Gebiete angrenzenden Gauleiter Simon (Koblenz-Trier), Josef Bürckel (Saar-Pfalz) und Robert Wagner (Baden) vom Militär in Absprache mit Hitler für die Zivilverwaltung eingesetzt (ebenfalls nominell als „Chefs der Zivilverwaltung”); im Sommer wurde dies von Hitler institutionalisiert und diese drei westdeutschen „CdZ“ direkt Hitler unterstellt.[23] Bis zum Oktober wurden weitere Einzelfragen und vor allem Probleme der Weisungsbefugnisse geklärt und schließlich in Erlassen so festgehalten, dass den „CdZ“ faktisch eine diktatorische Macht über ihre Gebiete ausübten, die (wie bei den Gauleitern) nach oben hin nur von Hitler persönlich begrenzt war; das Militär durfte keine Weisungen erteilen, aber mit Blick auf den Kriegszustand weiterhin eigenständig militärische Hoheitsrechte ausüben, solange sie nicht ins Zivile eingriffen, was seinerseits den Vorbehalt von Sicherungsaufgaben innehatte. Konkret für Luxemburg wurde von Hitler vorgegeben:

„Luxemburg soll in kürzester Zeit dem deutschen Volkstum wieder zurückgewonnen werden. Um dieses Ziel schnell und reibungslos zu erreichen, muß grundsätzlich die Initiative für alle Maßnahmen der Verwaltung in Luxemburg von dem mir unmittelbar unterstellten Chef der Zivilverwaltung ausgehen.“[24]

Simon fuhr einen recht unmissverständlichen Kurs in Luxemburg: Die französische Sprache wurde unnachgiebig verdrängt, „großdeutsch“ und „volksdeutsch“ Gesinnte gefördert, die deutsche Staatsangehörigkeit an luxemburgische NSDAP-, Waffen-SS und Wehrmachtsangehörige vergeben, die Landesinstitutionen sukzessive ersetzt und vieles weitere. Für den Gau Koblenz-Trier hatte das aber kurz- wie langfristige Folgen. Ganz praktische Alltagspolitiken lagen etwa in der Einführung der deutschen Kommunalverfassung, der Etablierung eines deutschen Gerichts, die Ersetzung des luxemburgischen Franken durch die deutsche Reichsmark, die Aufnahme Luxemburgs in die reichsdeutsche Postinfrastruktur, Unfallversicherungsüberführung oderZollfragen mit Belgien.[25] Zugleich verfolgte Simon aber (vollkommen im Sinne Hitlers und des Nationalsozialismus im Allgemeinen) eine Identitäts- und Geschichtspolitik, um die Luxemburger nicht nur wieder zu Deutschen zu machen, sondern auch seinen Gau und sein „CdZ-Gebiet“ innerlich zu vereinheitlichen. Damit griff er der Zukunft trotz ausbleibender Annexion Luxemburgs nicht vor, denn erstens war die offizielle Annexion ohnehin nur eine Frage von Jahren und zweitens war er für beide Territorien zuständig und hatte offensichtlich auch nicht vor, eines von beiden abzugeben oder nach einer späteren Annexion Luxemburgs aus dem eigenen Herrschaftsbereich ausgegliedert zu sehen.

Koblenz-Trier war formal betrachtet bis dahin immer noch ein Parteigau im „Altreich“; trotz aller direkten wie indirekten Herrschaftsinstrumente gab es also letzte staatliche Reservate in Simons Gau. In Luxemburg hingegen war er zuständig für das gesamte zivile Leben. Er stand der Zivilverwaltung, also der staatlichen Sphäre vor, hatte mit der nationalsozialistisch gesinnten „Volksdeutschen Bewegung“ beziehungsweise ihrem Vorgänger mit einer luxemburgischen NS-Partei und gleichzeitig auch mit dem Amt II der Auslandsorganisation der NSDAP umzugehen. Simon gelang es in kürzester Zeit die Doppelstruktur der Partei abzuschaffen, die neuen Strukturen der NSDAP in Luxemburg sich als Gauleiter zu unterstellen (der Ausbau der neuen, angepassten Strukturen dauerte naturgemäß länger[26]), parallel die staatliche Sphäre zu behaupten und mit dieser Ausgangslage einen neuen Gesamtgau zu schaffen, der sein altes Gauterritorium Koblenz-Trier als reiner Parteigau im „Altreich“ und das „CdZ-Gebiet“ Luxemburg mit ihm unterstellter Staats- wie Parteimacht umfasste. Offenbar war ihm der Aufbau und die Festigung der Parteistrukturen gar so wichtig, dass er im Krieg in Zeiten von Soldatenmangel und ständigen Neuauskämmungen schon 1942 anordnete, dass Parteifunktionäre zur freiwilligen Meldung zum Militär seine Genehmigung einzuholen hätten;[27] Parteiaufbau in Luxemburg ging also vor Wehrhaftigkeit. Was ihm nicht gelang, war die Namensgebung: Simon propagierte 1940 für das nominell wie rechtlich immer noch aus zwei Territorien bestehende Herrschaftsgebiet den Namen „Westmark“, der sich nachfolgend verbreitete. Bürckel hingegen propagierte ebenfalls diesen Namen für sein Gebiet (das mit der Pfalz als Gau im „Altreich“, dem Saarland mit Landeskompetenzen und dem „CdZ-Gebiet“ Lothringen noch komplizierter strukturiert war). Im Dezember entschied Hitler für Bürckels dreigeteiltes Gebiet den Gaunamen „Westmark“, Simon musste sich im Januar 1941 dann mit dem Namen „Moselland“ zufrieden geben, den Hitler für passender hielt.[28] Simon handelte pragmatisch und propagierte fortan das „Moselland“,[29] dem Luxemburger bis Birkenfelder angehören sollten – aus Luxemburgern bis Birkenfeldern sollten Moselländer werden. Aus „rassischer“ Sicht des Nationalsozialismus war eine Gemeinschaft dieser Gruppen ohnehin naheliegend und gemeinsame biologische Anlagen von Natur aus gegeben; exemplarisch sprach der „Völkische Beobachter“ anlässlich der offiziellen Schaffung des neuen Gaues vom „Mensch[en] des Gaues Moselland“ mit „einer unverwüstlichen Heiterkeit“ und „festgeformte[r] stil- und zielgerichtete[r], an der Arbeit geschulte[r] Männlichkeit“, „die Härte und Not ihres Grenzlanddaseins hat sie erst recht alle zur Einheit zusammengefügt“. Der Name „Moselland“ sei viel natürlicher als der künstliche Name „Koblenz-Trier“, mit der Umbenennung:

„erhält dieser Gau einen landschaftlich und geschichtlich gebundenen und begründeten, seinem Charakter entsprechenden Namen, bestimmt durch den Fluß, der rein geographisch gesehen, seine Achse bildet, wie ein Blick auf die Landkarte zeigt. Die Richtung dieser Achse entspricht der Luftlinie zwischen den beiden Städten Koblenz und Trier, die bisher Namenspaten für den Gau waren. Statt die Namensbildung von Städten, die Menschenhand baute, vorzunehmen, ist der Gaubezeichnung nunmehr der Name des von der Natur schon in vorhistorischen Zeiten geschaffenen Flusses zugrunde gelegt worden.[30]

Kartenansicht der Region vom Gau Köln-Aachen über den neuen Moselgau bis hin zum ebenfalls neuen Gau Westmark. Karte entnommen aus: E. Glaß: In Kampf und Not bewährt. Die geschichtliche Leistung der NSDAP. an der Mosel. In: Völkischer Beobachter Nr. 40 vom 9. Februar 1941.

Gerade dieser neue Zuschnitt des einst künstlichen Gaues Koblenz-Trier, der nunmehr mit Luxemburg zu einem „Moselland“ werden sollte, bot zugleich für Simon die Möglichkeit, sich intensiv gegen die anderen rheinischen Gaue abzugrenzen, eine eigene regionale Gauidentität anzustreben und – für den Fall der Fälle – nach dem „Endsieg“ genau hierauf zu verweisen, sollte es jemand wagen, den Bestand seines Gaues in Frage zu stellen. Denn auch intern war diese Frage der erst mit Leben einzuhauchenden Gauidentität offenbar erklärungsbedürftig; in der für die eigenen Parteifunktionäre bestimmten Gauzeitschrift für Propaganda des wurde beispielsweise in der ersten Ausgabe nach der Umbenennung des Gaues unter anderem folgendes ausgeführt:

„Moselland? Ja, liegt Koblenz denn nicht am Rhein? Und waren wir nicht bisher Gau Koblenz?

[…] Nimm dir die Karte vor, mein Freund, und erkenne, daß die Mosel geradezu das Wahrzeichen unserer Gaulandschaft ist,. Gewiß, wir liegen auch am Rhein, aber nur kurz ist sein Lauf durch unser Gebiet. Meist ist er seine Grenze. […] Größte Ausdehnungsrichtung des Gaues ist die Ost-West-Richtung, und mitten durch die Landschaft fließt die Mosel, das Gaugebiet in zwei gleiche Hälften teilend.”[31]

Was aus solchen Ausführungen wie allgemein dem gesamten Artikel spricht, der ja immerhin für die Propaganda der Funktionäre Grundmaterial war, sind Eigenwert und vermeintliche Natürlichkeit eines eigenständigen Moselgebietes. Davon ausgehend könnte – ohne spekulativ zu sein – gefragt werden, ob sich der Südteil des Rheinlandes in Form des Mosellandes irgendwann nicht mehr als rheinisch verstanden hätte. Ziel sollte das offensichtlich sein. Immer wieder lassen sich in den Quellen spätestens mit der Entstehung des Moselgaues Abgrenzungsversuche zum übrigen Rheinland feststellen, bei denen immer eine eigentlich wahre Identität des Mosellands angeführt wurde. Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Gaues Koblenz-Trier im Jahre 1941, der ja gerade zum Moselland umgewandelt wurde, verfasste der Gaupropagandaleiter eigens eine interne Denkschrift über den Gau und seine Struktur sowie Identität, in der er unmissverständlich erklärte: „Auch von der Landschaft unserer Gebiete an Mosel, Nahe und Ahr, Westerwald und Siegerland, Eifel und Hunsrück aus gesehen, war es in der Vergangenheit nicht richtig, stets allein den Rhein im Rahmen des Verwaltungsbegriffs Rheinprovinz zu betonen.“[32] Der Rhein, so die in der Denkschrift deutlich werdende Ansicht des Gaupropagandaleiters, war nicht einschlägig genug für das Moselland, um es Teil des Rheinlandes sein zu lassen – erst recht nicht nachdem Luxemburg Gaubestandteil geworden war.

Was kompliziert klingen mag, bedarf weiterer detaillierter Forschungen, auch und gerade im näheren Vergleich mit den anderen fünf „CdZ-Gebieten“. Für Simons neuen Gau ist jedoch klar, dass diese staatsrechtliche Komplexität durch seine Identitätspolitik überlagert wurde, ja, dass der Gau als solcher eigentlich auf der Identitätspolitik seines Gauleiters beruhte – denn zu groß waren die staatsrechtlichen, ökonomischen und geografischen Unterschiede für eine Einheit des Mosellandes aus sich heraus. Diese Identitätspolitik Simons war vor allem geprägt durch Geschichts-, Kultur- und Bildungspolitik. Historisch betrachtet berief er sich wie im Eingangszitat des vorliegenden Beitrags auf die Vergangenheit der Luxemburger, die nur wenige Jahrzehnte zuvor noch zum deutschen Zollgebiet und einige weitere Jahrzehnte zurück zum Deutschen Bund gehört hatten und welche sprachlich drei Kommunikationswege nutzten: einen deutschen Dialekt, das Hochdeutsche sowie das Französische. Kulturell gesehen knüpfte er genau daran an: wie erwähnt verdrängte er französische Einflüsse jeder Art von der Sprache über Ortsnamen wie der Bekämpfung von französisch Gesinnten und propagierte die Zugehörigkeit der Luxemburger als genau ein solcher Teil des deutschen Volkes wie die Simon vertrauten Eifler, Birkenfelder, und Pfälzer. Anschaulich wurden solche Positionen beispielsweise in geförderten Volksliedern mit großdeutschem Inhalt, beispielsweise in der ersten Strophe des „Luxemburger Marsches“ vom „Wir wollen Deutsche sein“:

„Wir kamen einst nach Westen zu halten Wehr und/Wacht, An Lützelburgs starken Festen/brach der Welschen Macht. Wir schützen deutsche Erde, weit-/ab vom deutschen Rhein. Wir waren immer/Deutsche und wollen Deutsche sein – sein.[33]

In der Bildungspolitik war er weniger aktiv, offenbar jedoch nicht, weil er die Wichtigkeit dieser für seine Anliegen verkannt hätte, sondern weil Bildungspolitik mehr Zeit benötigt, als Simon sie zur Verfügung hatte:[34] im September 1944 war die Wehrmacht von den alliierten Truppen aus Luxemburg verdrängt. Die kurzzeitige Besetzung des Nordens von Luxemburg um den Jahreswechsel infolge der „Ardennenoffensive“ der Wehrmacht blieb für Simon ohne größere Auswirkungen; er musste sich um die Aufrechterhaltung der Partei und die zivile Reichsverteidigung im Gebiet des früheren Gaues Koblenz-Trier kümmern.

Ausblick

Der Gau Moselland hatte zum Zeitpunkt seines Zusammenbruches 1944/1945 zwar selbst inklusive der Zeit als Bezirk Koblenz-Trier nur eine knapp 20 Jahre zählende Existenz hinter sich. Aber diese Existenz war in vielerlei Hinsicht wechselhaft, herausstechend und sie ist nach wie vor mit vielen Fragezeichen versehen. Aus dem Parteibezirk von 1925 war 1931 ein eigener, künstlich geschnittener Gau geworden, der sich 1941 um Luxemburg zum Moselland erweitern konnte; wo dabei Probleme, wichtige Politikfelder, langfristige Ziele und strukturelle Besonderheiten im Vergleich der Gaue lag, wurde hier gezeigt. Dieser Beitrag hier kann aber nur ein erster Aufschlag sein, es müssen viel detailliertere Untersuchungen folgen. Solche können Folgendes erbringen und sind daher dringend geboten:

Erstens ist der Gau Koblenz-Trier/Moselland in der Erforschung der NS-Mittelinstanz immer noch ein nur geringfügig beleuchteter Themenkomplex. Zweitens muss die Vereinnahmung des „CdZ-Gebietes“ Luxemburg als integraler Bestandteil des Gaues Moselland eingehend mit den anderen fünf „CdZ-Gebieten“ verglichen werden – und diesen muss sich dafür überhaupt erst einmal genähert werden. Drittens müsste betrachtet werden, inwiefern die wenigen Jahre des Mosellands überhaupt nachhaltige identitätsstiftende Politik zeitigte oder aber diese wirkungslos blieb. Es gibt also noch einiges zum Moselland zu erforschen.


[1] Die Zukunft Luxemburgs. Eine Rede des Gauleiters Simon. In: Frankfurter Zeitung Nr. 499 vom 30. September 1940.

[2] Nolzen, Armin: Gau Koblenz-Trier, seit 24.1.1941 Gau Moselland. In: Portal Rheinische Geschichte 2017. https://rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/gau-koblenz-trier-seit-24.1.1941-gau-moselland/DE-2086/lido/57d127c3534d62.84954532 (zuletzt abgerufen am 21. Februar 2023).

[3] Schildt, Gerhard: Die Arbeitsgemeinschaft Nord-West. Untersuchungen zur Geschichte der NSDAP 1925/1926. Freiburg im Breisgau 1964; Tyrell, Albrecht: Führergedanke und Gauleiterwechsel. Die Teilung des Gaues Rheinland der NSDAP 1931. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (23) 1975, S. 341–374; Teppe, Karl: Die preußischen Oberpräsidenten 1933–1945. In: Schwabe, Klaus [Hrsg.]: Die preußischen Oberpräsidenten 1815–1945. [Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit Bd. 15 und Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte Bd. 19.1981] Boppard am Rhein 1985, S. 219–248; Kasten, Bernd: Gauleiter konsolidieren ihre Machtbereiche – der Zusammenschluss beider Mecklenburg 1933 und das Groß-Hamburg-Gesetz 1937. In: Kretzschmar, Robert, Schindling, Anton, Wolgast, Eike [Hrsg.]: Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert. [Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg/Reihe B, Forschungen. Bd. 197] Stuttgart 2013, S. 151–179.

[4] Primär betraf das Luxemburg, weniger die Teile aus dem „Altreich“: Fletcher, Willard Allen: The German Administration in Luxemburg 1940–1942: Towards a „de facto“ Annexation. In: The Historical Journal, (13) 1970, S. 533–544; Dostert, Paul: Luxemburg zwischen Selbstbehauptung und nationaler Selbstaufgabe. Die deutsche Besatzungspolitk und die Volksdeutsche Bewegung 1940–1945. Luxemburg 1985; Romeyk, Horst: Der Gau Moselland in der nationalsozialistischen Reichsreform. In: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte (11) 1985, S. 247–269; Mathias Wallerang, Mathias: Luxemburg unter nationalsozialistischer Besatzung. [Studien zur Volkskultur in Rheinland-Pfalz, Bd. 22] Mainz 1997; Krier, Emile: Deutsche Besatzung in Luxemburg 1940–1944. In: Benz, Wolfgang, Houwink ten Cate, Johannes, Otto, Gerhard [Hrsg.]: Nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa 1939–1945. Die Bürokratie der Okkupation: Strukturen und Herrschaft der Verwaltung im besetzten Europa. [Nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa 1939-1945, Bd. 4] Berlin 1998, S. 27–48; .Welter, Beate: „Dieser französische Firnis, diese jämmerliche Tünche wird in wenigen Wochen spurlos verschwunden sein.“ Okkupationsziel Annexion: Luxemburg: In: Benz, Wolfgang [Hrsg.]: Deutsche Herrschaft. Nationalsozialistische Besatzung in Europa und die Folgen, Freiburg/Basel/Wien 2022, S. 213–224.

[5] Neben den üblichen „Kurzbiografien“ über die Gauleiter, die mangels ausreichendem Forschungsstand häufig eine hohe Fehlerquote aufweisen sind vor allem zu nennen: Raths, Aloyse: Wer war Gustav Simon?. In: Rappel. Organe de la Ligue luxembourgeoise des prisonniers et déportés politiques (30) 1975, H. 3, S. 79–87; Spang, Paul: Gustav Simons Ende. In: Hémecht. Zeitschrift für Luxemburger Geschichte. Revue d’histoire luxembourgeoise (44) 1992, S. 303–317; Dieter Wolfanger: Josef Bürckel und Gustav Simon. Zwei Gauleiter der NSDAP und ihr Streit um die „Westmark“. In: Haubrichs, Wolfgang [Hrsg.]: Zwischen Saar und Mosel. Festschrift für Hans-Walter Herrmann zum 65. Geburtstag. [Veröffentlichungen der Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksforschung, Bd. 24]Saarbrücken 1995, S. 397–410; Krier, Emile: Gustav Simon (1900–1945). In: Rheinische Lebensbilder (16) 1997, S. 255–285; Schneider, Volker: Gauleiter Gustav Simon, der „Moselgau“ und das ehemalige SS-Sonderlager/KZ Hinzert. In: Meyer, Hans-Georg, Berkessel, Hans [Hrsg.]: Die Zeit des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz: Für die Außenwelt seid ihr tot, Bd. 2. Frankfurt am Main 2000, S. 276–307; Klauck, Hans Peter: Gustav Simon, der Satrap aus Saarbrücken. Gauleiter des Mosellandes. In: Saarbrücker Hefte (96) 2006, S. 76-80; Zimmer, Karl-Heinz: Gauleiter Gustav Simon als Sachwalter der Mosellandschaft. In: Kurtrierisches Jahrbuch. (57) 2017, S. 299–320; Nolzen, Armin: Gustav Simon. Gauleiter der NSDAP im Gau Koblenz-Trier (1900–1945). In: Portal Rheinische Geschichte, 2017. https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/gustav-simon/DE-2086/lido/57c951e12e0c75.55304921 (zuletzt abgerufen am 21. Februar 2023).

[6] Der wichtigste Beitrag zur Annäherung an die Reichsreform stammt von Baum, Walter: Die „Reichsreform“ im Dritten Reich. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (3) 1955, S. 36–56. Alle jüngeren Gauleiterbiografien und Gaustudiengehen auf Fragen der Reichsreform ein, weil sie für die Gauleiter essentiell war, aber zumeist liegt hierbei ein gau- oder gauleiterspezifischer Blick vor, sodass es immer noch an einer jüngeren Studie zur Reichsreform fehlt.

[7] Zu den Gauleitern vgl. zum Einstieg vor allem: Hüttenberger, Peter: Die Gauleiter. Studie zum Wandel des Machtgefüges in der NSDAP. [Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Bd. 19] Stuttgart 1969; Düwell, Kurt: Die regionale Geschichte des NS-Staates zwischen Makro- und Mikroanalyse. Forschungsaufgaben zur „Praxis im kleinen Bereich“. Mit einem Literaturüberblick,. In: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte (9) 1983, S. 287–344; Möller, Horst, Wirsching, Andreas, Ziegler, Walter [Hrsg.]: Nationalsozialismus in der Region: Beiträge zur regionalen und lokalen Forschung und zum internationalen Vergleich. [Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Sondernummer] München 1996; Noakes, Jeremy: „Viceroys of the Reich“? Gauleiters 1925–45. In: McElligott, Anthony, Kirk, Tim [Hrsg.]: Working Towards the Führer. Manchester 2003, S. 118–152; Ruck, Michael, Pohl, Karl Heinrich [Hrsg.]: Regionen im Nationalsozialismus. (IZRG-Schriftenreihe. Bd. 10] Bielefeld 2003; John, Jürgen, Möller, Horst, Schaarschmidt, Thomas [Hrsg.]: Die NS-Gaue. Regionale Mittelinstanzen im zentralistischen „Führerstaat“. [Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Sondernummer] München 2007; Ruck, Michael: Partikularismus und Mobilisierung – traditionelle und totalitäre Regionalgewalten im Herrschaftsgefüge des NS-Regimes. In: Reichardt, Sven/Seibel, Wolfgang [Hrsg.]: Der prekäre Staat. Herrschen und Verwaltung im Nationalsozialismus, Frankfurt am Main 2011, S. 75–120; Meis, Daniel: Gauleiter im NSDAP-Staat: Die „Führer der Provinz“. In: Geschichte-Lernen.net, 2022. https://www.geschichte-lernen.net/nsdap-gauleiter-fuehrer-der-provinz/ (zuletzt abgerufen am 21. Februar 2022).

[8] Zur Einordnung der meisten Bezeichnungen vgl. John, Jürgen: Die Gaue im NS-System. In:John, Jürgen, Möller, Horst, Schaarschmidt, Thomas [Hrsg.]: Die NS-Gaue. Regionale Mittelinstanzen im zentralistischen Führerstaat [Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Sondernummer] München 2007, S. 22–55, hier S. 36.

[9] So häufig bei den Gauen bis Mitte der 1920er Jahre bestehen auch hierzu keine eigenständigen Forschungen, sodass zu den ersten Jahren des Gaues Rheinland(-Süd) vor allem auf zwei Studien mit eigentlich anderem Schwerpunkt zu verweisen ist, die aber auf einigen Seiten auf das Thema eingehen: Smelser, Ronald: Robert Ley. Hitlers Mann an der „Arbeitsfront“. Eine Biographie, Paderborn 1989, S. 17–75 und Meis, Daniel: Josef Grohé (1902–1987) – Ein politisches Leben? 2. Auflage, Berlin 2020, S. 24–31.

[10] Am besten auf den politischen Werdegang geht ein: Krier: Simon.

[11] Seit der Umstrukturierung und damit einhergehenden Umbenennung von Rheinland-Nord bezeichnete sich Rheinland-Süd nur noch als Gau „Rheinland“.

[12] Vgl. detailliert Tyrell, Albrecht: Führergedanke und Gauleiterwechsel. Die Teilung des Gaues Rheinland der NSDAP 1931, In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (23) 1975, S. 341–374, hier S. 363–368.

[13] Ebd., S. 368–370.

[14] Ebd. Grohés Herrschaftsanspruch in Köln und um Köln machte sich auch im Baulichen bemerkbar, darunter etwa bei seinem Gauhaus. Vgl. hierzu erst kürzlich Metzner, Joachim: Ein Schloss für den „Satrapen“: Das Gauhaus der NSDAP in Köln. In: Histrhen, 2022. http://histrhen.landesgeschichte.eu/2022/11/ein-schloss-fuer-den-satrapen/ (zuletzt abgerufen am 2. März 2023).

[15] Dem Verfasser ist bekannt, dass eine Düsseldorfer Kollegin zur Zeit an dieser Frage arbeitet; eine Veröffentlichung der Ergebnisse steht für 2024 zu erwarten und wird einige wichtige Aspekte zu Tage fördern.

[16] Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, Berlin 1933. Herausgegeben vom Statistischen Reichsamt, S. 18.

[17] Ersichtlich an den Listen der Orte, die mehr Einwohner besaßen, vgl. ebd., S. 10–13.

[18] Nolzen: Koblenz-Trier.

[19] Organisationsbuch der NSDAP, München 1936. Herausgegeben vom Reichsorganisationsleiter der NSDAP, S. 84.

[20] Zur Geschehen in Simons Gau vgl. Dorfey, Beate: Machtergreifung im Gau Koblenz-Trier. In: Arenz-Morch, Angelika [Hrsg.]: Der 30. Januar in der Pfalz, in Rheinhessen und in Koblenz-Trier: die Ereignisse um den Zeitpunkt der Machtübertragung an Hitler in den Regionen des heutigen Rheinland-Pfalz. Dokumentation. [Gedenkarbeit in Rheinland-Pfalz, Bd. 3] Mainz, 2008, S. 23–37.

[21]Dabei handelte es sich um die Gaue (wie beim Moselland mit mal mehr, mal weniger einfallsreichen Namen zur Identifikation): Westmark (die um Lothringen erweiterte Saarpfalz), Baden-Elsass (das um das Elsass erweiterte Baden), Kärnten und Krain (das um die Krain erweiterte Kärnten), Steiermark und Untersteiermark (das um die Untersteiermark erweiterte Steiermark) und Ostpreußen (das ohne Namensänderung um Bialystok erweitert wurde).

[22] Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Wiedervereinigung der Gebiete von Eupen, Malmedy und Moresnet mit dem Deutschen Reich. In. Reichsgesetzblatt Teil I. Jahrgang 1940. Erstes Halbjahr, Berlin 1940, S. 777, hier ebd.

[23] Erlaß des Führers über die vorläufige Verwaltung in Elsaß und in Lothringen. In: „Führer-Erlasse“ 1939–1945. Edition sämtlicher überlieferter, nicht im Reichsgesetzblatt abgedruckter, von Hitler während des Zweiten Weltkrieges schriftlich erteilter Direktiven aus den Bereichen Staat, Partei, Wirtschaft, Besatzungspolitik und Militärverwaltung. Herausgegeben von Martin Moll, Stuttgart 1997, S. 131–132 sowie Erlaß des Führers über die vorläufige Verwaltung in Luxemburg. In: „Führer-Erlasse“ 1939–1945. Edition sämtlicher überlieferter, nicht im Reichsgesetzblatt abgedruckter, von Hitler während des Zweiten Weltkrieges schriftlich erteilter Direktiven aus den Bereichen Staat, Partei, Wirtschaft, Besatzungspolitik und Militärverwaltung. Herausgegeben von Martin Moll, Stuttgart 1997, S. 132–133. Durch diese Einsetzung infolge des Feldzugs und der erst drei Monate später erfolgenden Institutionalisierung kursieren bis heute als „Gründungsdaten“ der drei „CdZ-Gebiete“ nach wie vor jeweils zwei Datumsangaben.

[24] Zweiter Erlaß des Führers über die vorläufige Verwaltung in Luxemburg. In: „Führer-Erlasse“ 1939–1945. Edition sämtlicher überlieferter, nicht im Reichsgesetzblatt abgedruckter, von Hitler während des Zweiten Weltkrieges schriftlich erteilter Direktiven aus den Bereichen Staat, Partei, Wirtschaft, Besatzungspolitik und Militärverwaltung. Herausgegeben von Martin Moll, Stuttgart 1997, S. 148–149, hier S. 149.

[25] Details zum deutschen Vorgehen betrachtet Dostert: Luxemburg.

[26] Einen Eindruck davon vermittelt der zweite Parteikreis Grevenmacher, der erst 1943 mitsamt Ortsgruppen und weiterem fertig umgewandelt war (der erste war eine ziemliche Ausnahme wegen zufällig passenderer Strukturen). Vgl. die Akten in ANL CdZ-D-1075.

[27] Vgl. ANL CdZ-F-0491, Rundschreiben vom 24. April 1942.

[28] Zum ganzen Namensstreit vgl. Wolfanger: Bürckel und Simon, S. 405–407.

[29] Diese Ironie um die jahrelange Namensunklarheit schlug sich nicht nur in zeitgenössischen Verwechslungen nieder, sondern auch in simplen Alltagsproblemen: Papier war im Krieg ohnehin Mangelware und musste sparsam genutzt werden, weshalb im Gau Moselland teilweise einfach Vordrucke und Papiere mit der Bezeichnung des Gaues Koblenz-Trier weiterverwandt wurden; für gewöhnlich wurde die alte Bezeichnung dann leicht geschwärzt und mit einem neuen Stempel „Moselland“ ergänzt. In einem Schreiben beispielsweise vom Gaurechtsamt wurde das „-Trier“ halbwegs mit einem deckenden Stempel geschwärzt und daneben ein anderfarbiger „Moselland“-Stempel aufgedrückt. Vgl. ANL CdZ-F-0501, Schreiben vom 5. Juni 1942. Offensichtlich waren die Kriegserfordernisse zu stark, um einfach alle alten Vordrucke zu ersetzen, zugleich aber die Bedeutung des neuen Namens „Moselland“ zu wichtig, als dass auf Papieren die alte Gaubezeichnung weiterexistieren dürfte.

[30] E. Glaß: In Kampf und Not bewährt. Die geschichtliche Leistung der NSDAP. an der Mosel. In: Völkischer Beobachter Nr. 40 vom 9. Februar 1941. Hervorhebungen im Original.

[31] De.: Gau Moselland. In: Mitteilungen des Gaurings für nationalsozialistische Propaganda und Volksaufklärung Nr. 3/4 vom März/April 1941.

[32] LHAKo 714, Nr. 1229, Denkschrift des Gaupropagandaleiters „10 Jahre Gau Moselland“. Die Denkschrift ist undatiert, kann aber anlässlich der 10-Jahres-Feiern im Gau nur Anfang 1941 versandt worden sein. Der Verteilerkreis ist ebenfalls nicht eindeutig, da das Deckblatt fehlt, aber es dürfte an die üblichen Adressaten des Gaupropagandaleiters für solcherlei Themen gegangen sein, also Gauleiter, dessen Stellvertreter und Geschäftsführer, die Gauhauptamts- sowie Gauamtsleiter, die Kreisleiter und eventuell noch die Kreispropagandaleiter. Ob die für gewöhnlich im Adressatenkreis auftauchenden Gau- und Kreisredner die Denkschrift erhielten, ist fragwürdig, da hierin vorsichtig Fragen der Reichsreform angeschnitten wurden, deren (öffentliche) Diskussion von Hitler untersagt worden war.

[33] Diese und einige weitere geförderte Lieder finden sich in: ANL CdZ-D-0024.

[34] So etwa die Bemühungen um eine Universitätsgründung im eigenen Gau.

 

Zitierweise:
Meis, Daniel: Zwischen Kunstkonstrukt und der Tradition historischer Landschaften: Der NSDAP-Gau „Moselland“ unter Gustav Simon. Strukturgeschichte eines Gaues und seiner Vorläufer, in: Histrhen. Rheinische Geschichte wissenschaftlich bloggen, 27.03.2023, http://histrhen.landesgeschichte.eu/2023/03/zwischen-kunstkonstrukt-und-der-tradition-historischer-landschaften-der-nsdap-gau-moselland-unter-gustav-simon